Gal 1

Die Verteidigung der christlichen Freiheit

Im Jahr 45 n.Chr. waren Barnabas und Paulus von der Gemeinde Antiochia zum Missionsdienst ausgesandt worden. Durch ihre Arbeit kam es im Lauf des nächsten Jahres zur Gründung einiger Gemeinden, vor allem im südlichen Teil der römischen Provinz Galatien. Anfang des Jahres 48 n.Chr. kehrten sie wieder nach Antiochia zurück.

Inzwischen waren Berichte von den Gemeindegründungen nach Jerusalem gekommen und hatten viele jüdische Christen verunsichert, vor allem ehemalige Pharisäer. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass Nichtjuden, wenn sie das Gesetz nicht halten, überhaupt so leben können, wie es Gott gefällt. Einige von ihnen machten sich deshalb auf und besuchten die von Paulus gegründeten Gemeinden, um sie im Gesetz zu unterweisen.

In dieser Zeit war auch Petrus in Antiochia und freute sich über die Gemeinschaft mit allen Christen dort. Doch dann kamen einige Juden aus Jerusalem, die behaupteten, von Jakobus geschickt worden zu sein. Sie erklärten den Christen, dass sie nicht gerettet werden können, wenn sie sich nicht beschneiden lassen. Dadurch verunsicherten sie selbst Petrus so sehr, dass er die Tischgemeinschaft mit den nichtjüdischen Christen aufgab und Paulus ihm öffentlich entgegentreten musste. Es kam jetzt zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Vertretern der Beschneidung. Durch Nachrichten aus Galatien verschärfte sich die Spannung noch. Dort waren viele Gläubige auf die Argumente der judenchristlichen Gesetzeslehrer hereingefallen. Paulus und Barnabas stellten sich den Jerusalemer Vertretern massiv entgegen. Als der Streit nicht aufhörte, wurden Paulus und Barnabas zusammen mit einigen anderen Brüdern beauftragt, nach Jerusalem zu reisen, um diese Streitfrage von den Aposteln und Ältesten dort klären zu lassen (siehe Apostelgeschichte 15). Kurz vor der Abreise im Jahr 48 n.Chr. schrieb Paulus diesen leidenschaftlichen Brief an die Christen in Galatien, um sie vor den judaistischen Lehren zu warnen, die für den Glauben tödlich sind.

Wie Paulus das Evangelium gegen die judaistischen Irrlehrer verteidigt, die in Galatien aufgetaucht waren.

Briefgruß

1 Es schreibt Paulus, einer der Apostel. Ich wurde nicht von Menschen geschickt oder durch einen Menschen zum Apostel gemacht, sondern durch Jesus Christus1 selbst und durch Gott, den Vater, der Jesus aus den Toten auferweckt hat.
2 Mit allen Brüdern, die hier bei mir sind, grüße ich die Gemeinden von Galatien2.
3 Ich wünsche euch Gnade und Frieden von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.
4 Er hat sich selbst für unsere Sünden hingegeben, um uns aus der gegenwärtigen bösen Welt herauszureißen. So wollte es Gott, unser Vater.
5 Ihm gebührt die Ehre in alle Ewigkeit. Amen3.

Es gibt nur ein Evangelium

6 Ich muss mich wundern, wie schnell ihr Gott den Rücken zukehrt. Er hat euch in die Gnade des Messias hineingerufen, und ihr, ihr wendet euch einer anderen Heilsbotschaft zu.
7 Dabei gibt es doch keine andere. Es gibt nur ein paar Leute, die euch verwirren und die Heilsbotschaft des Messias auf den Kopf stellen wollen.
8 Aber nicht einmal wir selbst oder ein Engel aus dem Himmel darf euch irgendetwas als Evangelium verkündigen, das dem widerspricht, was wir euch gebracht haben. Wer das tut, der soll verflucht sein!
9 Ich sage es noch einmal: Wer euch etwas als Evangelium verkündigt, was dem widerspricht, das ihr empfangen habt, der soll verflucht sein!
10 Versuche ich so etwa, den Beifall von Menschen zu gewinnen und Menschen zu gefallen - oder nicht doch vielmehr Gott? Wenn ich jetzt Menschen gefallen wollte, dann wäre ich kein Diener von Christus mehr.

1-2: Das biografische Argument – Eine unabhängige Offenbarung

Unabhängig von menschlicher Lehre (1)

Wem ich das Evangelium verdanke

11 Es muss euch klar sein, liebe Geschwister: Das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, ist kein Menschenwort.
12 Ich habe es nicht von Menschen empfangen oder gelernt, sondern ich erhielt es durch Offenbarung von Jesus Christus.

13 Ihr habt ja gehört, wie ich früher für die jüdische Religion gelebt habe und wie unbarmherzig ich die Gemeinde Gottes verfolgte und sie mit aller Macht zu vernichten suchte.
14 In meinem Eintreten für die jüdische Religion übertraf ich viele meiner Altersgenossen. Ich war ein fanatischer Eiferer für die überlieferten Vorschriften meines Volkes.
15 Aber Gott hatte mich schon im Mutterleib ausgewählt und in seiner Gnade berufen. Als es ihm dann gefiel,
16 mir seinen Sohn zu offenbaren, damit ich die gute Botschaft von ihm unter den nichtjüdischen Völkern bekannt machte, habe ich nicht erst Menschen um Rat gefragt.
17 Ich reiste nicht einmal zu denen nach Jerusalem, die schon vor mir Apostel waren, sondern ging nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück.

18 Erst drei Jahre später kam ich nach Jerusalem, um Kephas4 kennenzulernen. Fünfzehn Tage war ich bei ihm.
19 Von den anderen Aposteln habe ich außer Jakobus, den Bruder des Herrn, niemand gesehen.
20 Was ich euch hier schreibe – ich versichere es euch vor Gott –, ist die reine Wahrheit.
21 Danach bin ich in der Gegend von Syrien5 und Zilizien6 gewesen.
22 Den christlichen Gemeinden in Judäa7 blieb ich persönlich unbekannt.
23 Sie hatten nur gehört: "Unser ehemaliger Verfolger verkündigt jetzt den Glauben, den er früher vernichten wollte, als gute Botschaft."
24 Und sie priesen Gott meinetwegen.

1 Griechisches Wort für Gesalbter. Hebräisch: Messias (siehe Vorwort des Übersetzers).
2 Galatien ist der Name einer Landschaft im nördlichen Kleinasien um das heutige Ankara in der Türkei herum. Die römische Provinz Galatien schloss aber seit einigen Jahrzehnten vor der Entstehung dieses Briefes auch die südlicher liegenden Landschaften Pisidien, Phrygien und Lykaonien ein.
3 Amen. Hebräisch: Es werde wahr! Oder: So sei es!
4 Kephas. Hebräischer Name von Petrus, vgl. Johannes 1,42.
5 Syrien.Land am Mittelmeer, nördlich von Israel.
6 Zilizien. Römische Provinz im Südosten Kleinasiens, Heimat des Paulus.
7 Judäa. Von Juden bewohntes Gebiet zwischen dem Toten Meer und dem Mittelmeer.