Eph 1

Beim Epheserbrief handelt es sich wohl um einen Rundbrief, da die Erwähnung von «Ephesus» (1,1) in zahlreichen Handschriften fehlt. Die Empfänger sind sehr wahrscheinlich die Christen Kleinasiens oder eines noch größeren Gebiets. Als Abfassungsort kommt Ephesus in Frage.

Das Schreiben ist zwar wie ein Brief gestaltet, stellt aber nach Stil und Inhalt eher eine feierliche Predigt dar. Lob Gottes (1,3) und Fürbitte (1,16; 3,1.14) kennzeichnen den ersten Teil, der mit einem liturgischen Lobpreis abschließt (3,21). Manche Forscher nehmen daher an, dass dieses Schreiben von einem Paulusschüler verfasst wurde, der im Namen des Apostels schrieb.

Ein bestimmter Anlass für die Entstehung des Schreibens ist nicht erkennbar. Das zentrale Thema des Briefs ist die Kirche, und zwar die weltweite Kirche, deren Haupt Christus ist. Inhaltlich wird dieses Thema in den Kapiteln 1 - 3 entfaltet. Gott hat die Kirche durch Christus schon vor der Erschaffung der Welt erwählt und als sein Volk zusammengerufen (Kap. 1). Durch die Taufe sind die Gläubigen der Macht der Finsternis entrissen und mit Christus verbunden worden (2,1-10). In der Kirche ist ein neues Menschengeschlecht entstanden, in dem die alte Feindschaft zwischen Juden und Heiden überwunden wurde, weil Christus Frieden gestiftet hat (2,11-22). Werkzeug Gottes für den Bau der Völkerkirche war der Apostel Paulus (Kap. 3). Im zweiten Teil werden sittliche Folgerungen gezogen. Vor allem gilt es, die Einheit zu wahren und alle Dienste in der Kirche zu aktivieren (4,1-16). Als Getaufte haben die Christen den alten, der Sünde verfallenen Menschen zu überwinden und ein neues Leben zu verwirklichen, das durch Christus erleuchtet ist (4,17 - 5,20). Das neue Leben hat sich vor allem in Ehe und Familie auszuwirken (5,21 - 6,9). Das Bild vom Streiter Christi schließt die Mahnung ab (6,10-20).

Der Epheserbrief enthält die bedeutendsten theologischen Aussagen im Neuen Testament über die Kirche.

Anschrift und Gruß: 1,1-2

1 Paulus, durch den Willen Gottes Apostel Christi Jesu, an die Heiligen in Ephesus, die an Christus Jesus glauben. 12
2 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.

Gottes Heilsplan: 1,3 - 2,22

Loblied auf den Heilsplan Gottes: 1,3-14

3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: /
 
Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet /
 
durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. 34

4 Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, /
 
damit wir heilig und untadelig leben vor Gott;

5 er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt, /
 
seine Söhne zu werden durch Jesus Christus /
 
und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen,

6 zum Lob seiner herrlichen Gnade. /
 
Er hat sie uns geschenkt in seinem geliebten Sohn;

7 durch sein Blut haben wir die Erlösung, /
 
die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade. 5

8 Durch sie hat er uns mit aller Weisheit und Einsicht reich beschenkt

9 und hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan, /
 
wie er es gnädig im Voraus bestimmt hat: 6

10 Er hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, /
 
in Christus alles zu vereinen, alles, was im Himmel und auf Erden ist. 7

11 Durch ihn sind wir auch als Erben vorherbestimmt und eingesetzt /
 
nach dem Plan dessen, der alles so verwirklicht, /
 
wie er es in seinem Willen beschließt;

12 wir sind zum Lob seiner Herrlichkeit bestimmt, /
 
die wir schon früher auf Christus gehofft haben. 8

13 Durch ihn habt auch ihr das Wort der Wahrheit gehört, das Evangelium von eurer Rettung; /
 
durch ihn habt ihr das Siegel des verheißenen Heiligen Geistes empfangen, als ihr den Glauben annahmt.

14 Der Geist ist der erste Anteil des Erbes, /
 
das wir erhalten sollen, /
 
der Erlösung, durch die wir Gottes Eigentum werden, /
 
zum Lob seiner Herrlichkeit. 9

Gebet um Erkenntnis der Hoheit Christi: 1,15-23

15.16 Darum höre ich nicht auf, für euch zu danken, wenn ich in meinen Gebeten an euch denke; denn ich habe von eurem Glauben an Jesus, den Herrn, und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört. 10
17 Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt.
18 Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt
19 und wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.
20 Er hat sie an Christus erwiesen, den er von den Toten auferweckt und im Himmel auf den Platz zu seiner Rechten erhoben hat, 11
21 hoch über alle Fürsten und Gewalten, Mächte und Herrschaften und über jeden Namen, der nicht nur in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen genannt wird. 12
22 Alles hat er ihm zu Füßen gelegt und ihn, der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt. 13
23 Sie ist sein Leib und wird von ihm erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht. 14

1 ℘ Kol 1,1f
2 in Ephesus: fehlt bei zahlreichen Textzeugen; vgl. die Einleitung.
3 ℘ 2 Kor 1,3
4 Die Gemeinschaft mit Christus (vgl. 1,13f) wurde durch die Taufe begründet.
5 ℘ Kol 1,14
6 9f: Der Verfasser spricht von einem «Geheimnis», weil der Heilsplan, der durch Christus verwirklicht wurde, vorher nicht bekannt war; auch jetzt kennen ihn nur die Glaubenden (vgl. die Anmerkung zu 3,3-6).
7 ℘ Kol 1,20
8 Mit denen, die «schon früher auf Christus gehofft haben», sind wohl die Judenchristen gemeint.
9 ℘ 2 Kor 1,22
10 ℘ Kol 1,3f.9
11 ℘ Ps 110,1
12 ℘ Kol 1,16
13 ℘ Ps 8,7; Hebr 8,6; Kol 1,18
14 Wörtlich: Sie ist sein Leib, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.