1.Makk 1

B+1

Die Bücher der Makkabäer

Die beiden Makkabäer-Bücher gehören nicht zum hebräischen Alten Testament, sondern zu den sog. deuterokanonischen, nur griechisch überlieferten Büchern der Bibel. Den Hauptinhalt der beiden Bücher bilden die Kämpfe der Juden gegen die Seleuziden im 2. Jahrhundert v. Chr. Sie werden unternommen, um die religiöse und politische Freiheit des jüdischen Volkes wiederzugewinnen. Benannt sind die Bücher nach dem Ehrennamen Makkaba (= Hämmerer), der Judas, dem Haupthelden dieser Kämpfe, und später auch seinen Brüdern beigelegt wurde.

Das 1. Buch der Makkabäer berichtet über die Zeit von 175 bis 134 v. Chr., vor allem über das Vorhaben des Seleuziden Antiochus Epiphanes, der mit Hilfe jüdischer Parteigänger den Tempel entweiht und dem jüdischen Volk griechische Lebensweise aufzwingen will (Kap. 1). Dagegen erhebt sich Mattatias, der zum Heiligen Krieg aufruft (Kap. 2). Den Hauptteil des Buches nimmt die Schilderung der militärischen Unternehmungen der drei Söhne des Mattatias, Judas, Jonatan und Simeon, ein. Judas gelingt es, 165 v. Chr. den Tempel wieder einzuweihen und den Opferdienst erneut in Gang zu setzen. Er sucht ein Bündnis mit den Römern (3,1 - 9,22). Jonatan (161-143) wird zum Hohenpriester ernannt und bemüht sich um die Verbindung mit Rom und Sparta (9,23 - 12,52). Simeon (143-135), von den Seleuziden Demetrius II. und Antiochus VII. anerkannt, erhält das Doppelamt des Hohenpriesters und Fürsten in Israel; unter ihm lebt das Volk in Frieden und Wohlstand (Kap. 13 - 16).

Das 1. Buch der Makkabäer war ursprünglich hebräisch abgefasst; erhalten ist es nur in griechischer Übersetzung. Sein Verfasser ist ein palästinensischer Jude, der wohl gegen 100 v. Chr., sicher vor der Eroberung Jerusalems durch Pompeius (63 v. Chr.), sein Werk geschaffen hat. Er steht in der Glaubensüberlieferung seines Volkes und schreibt religiös gedeutete Geschichte. Im Unglück des Volkes sieht er die Strafe für Schuld und Vergehen; nur im Einklang mit der Offenbarung und in Treue zu ihr vermag das jüdische Volk die Feinde zu besiegen, die nationale Selbständigkeit zu erlangen und so der Gottesherrschaft den Weg zu bereiten. Dabei ist der Verfasser ein entschiedener Gegner jeder Anpassung; er lehnt alle Hellenisierungsbestrebungen ab. Voll Bewunderung blickt er auf den Kampf seines Volkes für Gesetz und Tempel in seiner ruhmreichen Geschichte zurück.

Das 2. Buch der Makkabäer ist nicht, wie man erwarten könnte, die Fortsetzung von 1 Makk, vielmehr eine ausgestaltende Parallele (Kap. 1 - 8 und 11 - 13) zu den Berichten von 1 Makk 1 - 7. Auch in der literarischen Gattung ist ein beachtlicher Unterschied festzustellen. Ursprünglich griechisch abgefasst, stellt 2 Makk sich selbst als Auszug aus einem größeren Werk des Jason von Zyrene dar (2,19-32). Der Verfasser schreibt in einem belehrenden Stil und zeigt sich mit griechischen Persönlichkeiten und Einrichtungen bestens vertraut. Viel betonter als in 1 Makk ist der Rückbezug der Geschichte auf Gott geschildert. Die ganze Sympathie des Verfassers gilt Judas dem Makkabäer. Selbst die Verfolgung ist ihm ein Zeichen der göttlichen Barmherzigkeit, die das Volk auf den rechten Weg zurückführen will.

Das Buch richtet sich an die Juden in Alexandria, um sie für das Geschick ihres Volkes in der Heimat, vor allem für den Tempel und die heiligen Schriften zu interessieren. Dieser Absicht dient der Aufbau des Buches: Nach dem schrecklichen Tod des Antiochus folgt die Einsetzung des Tempelweihfestes (9,1 - 10,8). Der zweite Teil ist vergleichbar gestaltet: Nach dem Tod Nikanors, der den Tempel bedroht, wird ein Einweihungsfest beschlossen (Kap. 14 und 15).

Das 2. Makkabäerbuch dürfte nach 160 v. Chr. entstanden sein. Wenn auch die Herkunft und Zuverlässigkeit mancher Berichte nicht nachprüfbar ist und der Verfasser seine Darstellung ausgeschmückt hat (vgl. 2,29), so ist die historische Treue nicht zu gering einzuschätzen; sie wird weithin durch Parallelen in 1 Makk bestätigt. Das Buch ist vor allem wegen seiner fortgeschrittenen Lehre über die Auferstehung der Toten, über das Gebet für die Verstorbenen, über die Verdienste der Märtyrer und die Fürbitte der Heiligen bedeutsam. Diese theologischen Aussagen begründen und rechtfertigen die Stellung des Buches im alttestamentlichen Kanon.

1 B+0

Die Verfolgung des Volkes Israel: 1,1-64

Der Beginn der griechischen Herrschaft: 1,1-10

Der Mazedonier Alexander, Sohn des Philippus, zog damals vom Land der Kittäer aus. Er besiegte Darius, den König der Perser und Meder, und wurde als erster König von Griechenland sein Nachfolger. 1
2 Er führte viele Kriege, eroberte zahlreiche Festungen und ließ die Könige der Erde erschlagen;
3 er kam bis an das Ende der Welt, plünderte viele Völker aus und die ganze Erde lag ihm wehrlos zu Füßen. Da wurde sein Herz stolz und überheblich.
4 Er stellte ein sehr großes Heer auf, herrschte über Länder, Völker und Fürsten und machte sie sich tributpflichtig.
5 Doch dann sank er aufs Krankenlager und fühlte seinen Tod nahen.
6 Er rief seine höchsten Offiziere zusammen, die mit ihm aufgewachsen waren, und verteilte sein Reich unter sie, solange er noch lebte.
7 Zwölf Jahre hatte Alexander regiert, als er starb. 2
8 Seine Offiziere übernahmen die Regierung, jeder in seinem Bereich.
9 Nach seinem Tod setzten sich alle die Königskrone auf; ebenso hielten es ihre Nachkommen lange Zeit hindurch. Sie brachten großes Unglück über die Erde.
10 Aus ihnen ging ein besonders gottloser Spross hervor, Antiochus Epiphanes, der Sohn des Königs Antiochus. Er war als Geisel in Rom gewesen und trat im Jahr 137 der griechischen Herrschaft die Regierung an. 34

Das Aufkommen der Verräter: 1,11-15

11 Zu dieser Zeit traten Verräter am Gesetz in Israel auf, die viele (zum Abfall) überredeten. Sie sagten: Wir wollen einen Bund mit den fremden Völkern schließen, die rings um uns herum leben; denn seit wir uns von ihnen abgesondert haben, geht es uns schlecht. 5
12 Dieser Vorschlag gefiel ihnen
13 und einige aus dem Volk fanden sich bereit, zum König zu gehen. Der König gab ihnen die Erlaubnis, nach den Gesetzen der fremden Völker zu leben.
14 Sie errichteten in Jerusalem eine Sportschule, wie es bei den fremden Völkern Brauch ist,
15 und ließen bei sich die Beschneidung rückgängig machen. So fielen sie vom heiligen Bund ab, vermischten sich mit den fremden Völkern und gaben sich dazu her, Böses zu tun.

Der Angriff der Heiden auf den Tempel: 1,16-28

16 Als Antiochus sah, dass sich seine Herrschaft gefestigt hatte, fasste er den Plan, auch König von Ägypten zu werden und so über zwei Reiche zu herrschen. 6
17 Er drang mit vielen Soldaten in Ägypten ein, mit Streitwagen und Kriegselefanten, mit Reitern und einer großen Flotte, 7
18 und führte Krieg gegen Ptolemäus, den König von Ägypten. Ptolemäus wurde von ihm geschlagen und musste fliehen, nachdem viele seiner Leute im Kampf gefallen waren.
19 Die befestigten Städte Ägyptens wurden erobert und das Land geplündert.
20 Antiochus wandte sich nach seinem Sieg über Ägypten im Jahr 143 gegen Israel und rückte mit zahlreichen Truppen hinauf vor Jerusalem.
21 In seiner Vermessenheit betrat er sogar das Heiligtum; er raubte den goldenen Rauchopferaltar, den Leuchter samt seinem Zubehör,
22 den Tisch für die Schaubrote, die Opfer- und Trinkschalen, die goldenen Rauchfässer, den Vorhang, die Kronen und den goldenen Schmuck von der Vorderseite des Tempels. Von allem ließ er das Gold abschlagen.
23 Dann nahm er das Silber, das Gold, die kostbaren Geräte, und was er von den versteckten Schätzen finden konnte,
24 und ließ alles in sein Land schleppen. Er richtete ein Blutbad an und führte ganz vermessene Reden.
25 Da kam große Trauer über das ganze Land Israel.

26 Die Vornehmen und Alten stöhnten; /
 
die Mädchen und jungen Männer verloren ihre Kraft /
 
und die Schönheit der Frauen verfiel.

27 Jeder Bräutigam stimmte die Totenklage an, /
 
die Braut saß trauernd in ihrem Gemach.

28 Das Land zitterte um seine Bewohner. /
 
Das ganze Haus Jakob war mit Schande bedeckt.

Die Verwüstung der Stadt Jerusalem: 1,29-40

29 Zwei Jahre später schickte der König einen Beamten in die Städte von Judäa mit dem Auftrag, die Steuern einzutreiben. Er kam mit zahlreichen Truppen nach Jerusalem. 8
30 Hinterlistig bot er den Einwohnern zunächst Frieden an. Als man ihm Glauben schenkte, fiel er plötzlich über die Stadt her, richtete großen Schaden in ihr an und brachte viele Israeliten um.
31 Er ließ die Stadt plündern und in Brand stecken und die Häuser und Stadtmauern ringsum niederreißen.
32 Frauen und Kinder schleppte man in die Sklaverei und ihren Besitz nahm man als Beute mit.
33 Um die Davidstadt bauten sie eine hohe und feste Mauer mit mächtigen Türmen, damit sie ihnen als Burg dienen konnte.
34 Sie legten eine heidnische Besatzung hinein, Männer, die sich nicht an das Gesetz hielten. Diese setzten sich dort fest,
35 versahen sich mit Waffen und Proviant und brachten auch die Beute, die sie in Jerusalem gemacht hatten, dort unter. So wurden sie zu einer großen Gefahr.

36 Aus dem Hinterhalt bedrohten sie das Heiligtum; /
 
immer waren sie für Israel ein schlimmer Feind.

37 Rings um den Tempel vergossen sie unschuldiges Blut /
 
und entweihten die heilige Stätte.

38 Jerusalems Einwohner flohen vor ihnen /
 
und Ausländer zogen in die Stadt ein. /
 
Ihren eigenen Kindern wurde die Stadt fremd /
 
und ihre Söhne verließen sie.

39 Ihr Heiligtum wurde leer wie die Wüste, /
 
ihre Feste verwandelten sich in Trauer. /
 
Ihre Sabbate wurden verhöhnt; /
 
statt geehrt zu sein, war sie verachtet.

40 So groß ihre Herrlichkeit gewesen war, /
 
so groß war nun ihre Schande. /
 
Von ihrer Höhe ist sie herabgestürzt, /
 
jetzt liegt sie in Trauer.

Die Verfolgung der treuen Israeliten: 1,41-64

41 Damals schrieb der König seinem ganzen Reich vor, alle sollen zu einem einzigen Volk werden 9
42 und jeder solle seine Eigenart aufgeben. Alle Völker fügten sich dem Erlass des Königs.
43 Auch vielen Männern aus Israel gefiel der Gottesdienst, den er angeordnet hatte; sie opferten den Götterbildern und entweihten den Sabbat.
44 Der König schickte Boten nach Jerusalem und in die Städte Judäas mit der schriftlichen Anordnung, man solle eine Lebensform übernehmen, die dem Land fremd war. 10
45 Brand-, Schlacht- und Trankopfer im Heiligtum seien einzustellen, Sabbate und Feste zu entweihen, 11
46 das Heiligtum und die Heiligen zu schänden.
47 Man solle statt dessen Altäre, Heiligtümer und Tempel für die fremden Götter errichten sowie Schweine und andere unreine Tiere opfern.
48 Ihre Söhne dürften sie nicht mehr beschneiden, vielmehr sollten sie sich mit jeder denkbaren Unreinheit und Schande beflecken.
49 So sollte das Gesetz in Vergessenheit geraten und alle seine Vorschriften sollten hinfällig werden.
50 Wer aber des Königs Anordnung nicht befolge, müsse sterben.
51 Ähnliche Anweisungen erließ er für sein ganzes Reich. Er setzte Beamte ein, die die Durchführung im ganzen Volk überwachen sollten; auch gab er den Befehl, der Reihe nach in allen Städten Judäas einen Opfergottesdienst zu halten.
52 Viele aus dem Volk schlossen sich ihnen an; sie alle fielen vom Gesetz ab und trieben es schlimm im Land.
53 Die Israeliten mussten sich vor ihnen verstecken, wo immer sie Zuflucht fanden.
54 Am fünfzehnten Kislew des Jahres 145 ließ der König auf dem Brandopferaltar den unheilvollen Gräuel aufstellen; auch in den Städten Judäas ringsum baute man Altäre. 1213
55 Vor den Haustüren und auf den Plätzen opferte man Weihrauch.
56 Alle Buchrollen des Gesetzes, die man fand, wurden zerrissen und verbrannt.
57 Wer im Besitz einer Bundesrolle angetroffen wurde oder zum Gesetz hielt, wurde aufgrund der königlichen Anordnung zum Tod verurteilt.
58 Sie ließen Israel ihre Macht fühlen und gingen mit Gewalt gegen alle vor, die sie Monat für Monat in den Städten aufspürten.
59 Am fünfundzwanzigsten des Monats (Kislew) brachten sie auf dem Altar, den sie über dem Brandopferaltar errichtet hatten, ein Opfer dar.
60 Frauen, die ihre Kinder hatten beschneiden lassen, wurden auf Befehl (des Königs) hingerichtet; 14
61 dabei hängte man die Säuglinge an den Hals ihrer Mütter. Auch ihre Familien brachte man um samt denen, die die Beschneidung vorgenommen hatten.
62 Dennoch blieben viele aus Israel fest und stark; sie aßen nichts, was unrein war.
63 Lieber wollten sie sterben, als sich durch die Speisen unrein machen und den heiligen Bund entweihen. So starben sie.
64 Ein gewaltiger Zorn lag auf Israel.

1 Die Kittäer sind eigentlich die Bewohner der Insel Zypern, im weiteren Sinn die Bewohner aller Inseln im östlichen Mittelmeerraum, schließlich alle Griechen überhaupt. - Griechenland ist hier das von Griechen bewohnte westliche Kleinasien einschließlich Griechenlands und Mazedoniens.
2 Er starb im Juni 323 v. Chr.
3 ℘ Dan 7,24f; 8,23-25; 11,21-45; 2 Makk 4,7
4 Die griechische (seleuzidische) Zeitrechnung beginnt mit dem Jahr 312 v. Chr. Das 137. Jahr ist also 175 v. Chr.
5 ℘ (11-15) 2 Makk 4,9-17
6 ℘ (16-24) 2 Makk 5,1-21; Dan 11,25-28
7 Es handelt sich um den ersten Feldzug gegen Ptolemäus Philometor im Jahr 169 v. Chr.
8 ℘ (29-30) 2 Makk 5,24-26
9 ℘ (41-64) 2 Makk 6f
10 Noch 198 v. Chr. hatte Antiochus III. den Juden zugestanden, nach dem mosaischen Gesetz leben zu dürfen.
11 ℘ (45-46) Dan 9,27; 11,31
12 ℘ Dan 9,27; 11,31
13 Unheilvoller Gräuel: wohl ein Altar zu Ehren eines Fruchtbarkeitsgottes.
14 ℘ (60-61) 2 Makk 6,10