Jer 6

Die Kriegsgefahr als Strafe: 6,1-15

1 Flieht, ihr Leute von Benjamin, /
 
hinaus aus Jerusalem! Stoßt in Tekoa in die Trompete /
 
und richtet über Bet-Kerem ein Zeichen auf! Denn von Norden droht Unheil /
 
und großes Verderben. 1

2 Die Schöne und Verwöhnte, /
 
die Tochter Zion, ich vernichte sie.

3 Hirten kommen zu ihr mit ihren Herden; /
 
sie schlagen rings um sie ihre Zelte auf, /
 
jeder weidet seinen Bereich ab. 2

4 Ruft gegen Zion den Heiligen Krieg aus! /
 
Auf! Greifen wir an am Mittag! - Weh uns: Schon neigt sich der Tag, /
 
die Abendschatten strecken sich.

5 Auf! Greifen wir an in der Nacht, /
 
zerstören wir ihre Paläste!

6 Denn so spricht der Herr der Heere: Fällt ihre Bäume /
 
und werft einen Wall auf gegen Jerusalem! Das ist die Stadt, von der erwiesen ist: /
 
Alles in ihr ist Unterdrückung.

7 Wie ein Brunnen sein Wasser sprudeln lässt, /
 
so lässt sie ihre Schlechtigkeit sprudeln. Von Gewalttat und Unrecht hört man in ihr; /
 
ständig sind mir vor Augen Leid und Misshandlung.

8 Lass dich warnen, Jerusalem, /
 
sonst trenne ich mich von dir, sonst mache ich dich zur Wüste, /
 
zum Land ohne Bewohner.

9 So spricht der Herr der Heere: Genaue Nachlese wie am Weinstock /
 
soll man halten am Rest Israels. Leg deine Hand an /
 
wie ein Winzer an die Reben!

10 Zu wem soll ich reden /
 
und wer wird mich hören, wenn ich mahne? Ihr Ohr ist ja unbeschnitten, /
 
sie können nichts vernehmen. Das Wort des Herrn dient ihnen zum Spott; /
 
es gefällt ihnen nicht.

11 Darum bin ich erfüllt vom Zorn des Herrn, /
 
bin es müde, ihn länger zurückzuhalten. - Gieß ihn aus über das Kind auf der Straße /
 
und zugleich über die Schar der jungen Männer! Ja, alle werden gefangen genommen, /
 
Mann und Frau, Greis und Hochbetagter.

12 Ihre Häuser gehen an andere über, /
 
die Felder und auch die Frauen. Denn ich strecke meine Hand aus /
 
gegen die Bewohner des Landes - Spruch des Herrn.

13 Sie sind doch alle, vom Kleinsten bis zum Größten, /
 
nur auf Gewinn aus; vom Propheten bis zum Priester /
 
betrügen sie alle. 3

14 Den Schaden meines Volkes möchten sie leichthin heilen, indem sie rufen: /
 
Heil, Heil! Aber kein Heil ist da.

15 Schämen müssten sie sich, /
 
weil sie Gräuel verüben. Doch sie schämen sich nicht; /
 
Scham ist ihnen unbekannt. Deshalb müssen sie fallen, /
 
wenn die anderen fallen. Sobald ich sie zur Rechenschaft ziehe, /
 
werden sie stürzen, spricht der Herr.

Jerusalems Trotz: 6,16-26

16 So spricht der Herr: Stellt euch an die Wege und haltet Ausschau, /
 
fragt nach den Pfaden der Vorzeit, fragt, wo der Weg zum Guten liegt; /
 
geht auf ihm, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. /
 
Sie aber sagten: Wir gehen nicht.

17 Auch habe ich Wächter für euch aufgestellt: /
 
Achtet auf den Schall der Trompete! /
 
Sie aber sagten: Wir achten nicht darauf.

18 Darum hört, ihr Völker, und erkennt, /
 
was ich ihnen antun will.

19 Höre es, Erde! /
 
Schon bringe ich Unheil über dieses Volk /
 
als die Frucht seiner bösen Gesinnung. Denn auf meine Worte haben sie nicht geachtet /
 
und meine Weisung haben sie verschmäht. 4

20 Was soll mir der Weihrauch aus Saba /
 
und das gute Gewürzrohr aus fernem Land? Eure Brandopfer gefallen mir nicht, /
 
eure Schlachtopfer sind mir nicht angenehm. 5

21 Darum - so spricht der Herr: Ich lege diesem Volk Hindernisse in den Weg, /
 
sodass sie darüber straucheln. Väter und Söhne zusammen, /
 
einer wie der andere geht zugrunde.

22 So spricht der Herr: Seht, ein Volk zieht vom Nordland heran, /
 
ein großes Volk bricht auf /
 
von den Grenzen der Erde. 6

23 Sie kommen mit Bogen und Sichelschwert, /
 
grausam sind sie und ohne Erbarmen. Ihr Lärm gleicht dem Brausen des Meeres /
 
und sie reiten auf Rossen, Krieger, zum Kampf gerüstet /
 
gegen dich, Tochter Zion.

24 Kaum hörten wir diese Nachricht, /
 
da erschlafften uns die Hände, es packte uns die Angst, /
 
das Zittern wie eine Gebärende.

25 Geht nicht aufs Feld hinaus, /
 
macht euch nicht auf den Weg; /
 
denn der Feind greift zum Schwert - Grauen ringsum!

26 Tochter, mein Volk, leg das Trauerkleid an /
 
und wälz dich im Staub! Halte Trauer wie um den einzigen Sohn, bitterste Klage: /
 
«Ach, jählings kam über uns der Verwüster.» 7

Der Prophet als Prüfer des Volkes: 6,27-30

27 Zum Prüfer für mein Volk habe ich dich bestellt [zum Metallprüfer]; /
 
du sollst sein Verhalten erkennen und prüfen.

28 Sie alle sind schlimme Empörer, /
 
Verleumder sind sie, Bronze und Eisen sind sie, /
 
alle zusammen Verbrecher.

29 Der Blasebalg schnaubt, /
 
doch das Blei bleibt unberührt vom Feuer. Umsonst versucht der Schmelzer zu schmelzen; /
 
die Bösen lassen sich nicht ausscheiden.

30 «Verworfenes Silber» nennt man sie; /
 
denn verworfen hat sie der Herr.

1 ℘ 4,6
2 «Hirten» und «Herden» sind die mit Nebukadnezzar verbündeten Könige und deren Heere.
3 ℘ 8,10-12
4 ℘ Jes 1,2
5 ℘ Ps 40,7
6 ℘ 50,41-43
7 ℘ Am 8,10