Jos 1

Die Bücher der Geschichte des Volkes Gottes

Dieses Buch ist nach Josua, dem Nachfolger des Mose, benannt. Es berichtet vom Einzug Israels in das verheißene Land und umfasst den Zeitraum vom Tod des Mose bis zum Tod Josuas. In dieser Zeit wird nach der Darstellung des Buches das von Gott verheißene Land westlich des Jordan erobert und durch Josua an die Stämme Israels verteilt, soweit sie nicht schon im Ostjordanland (Ruben, Gad und der halbe Stamm Manasse) Landbesitz erhalten haben (vgl. Num 32). Der Bericht über die feierliche Verpflichtung Israels auf Jahwe, seinen Gott, schließt das Buch ab. Dementsprechend besteht das Buch aus drei Teilen: Eroberung des Westjordanlandes unter Führung Josuas (Kap. 1 12); Verteilung des Landes (Kap. 13 - 22); Verpflichtung auf Jahwe (Kap. 23 und 24).

Der erste Teil enthält Erzählungen über die Landnahme, die als rein kriegerisches Unternehmen gesehen wird (doch vgl. Ri 1). Die meisten dieser Erzählungen, ausgenommen der Bericht über die Schlacht bei dem im Norden Palästinas gelegenen Merom (11,1-15), spielen in Mittelpalästina. Dort gewann der Stamm Benjamin, dem Josua angehörte, sein Gebiet. Josua wird zur beherrschenden Gestalt der ganzen Darstellung der Eroberung des Landes: Nach seiner Beauftragung (Kap. 1) wird Jericho erkundet (Kap. 2) und der Jordan überschritten (Kap. 3 und 4). Israel lagert in Gilgal (Kap. 5) und erobert von dort aus durch göttliche Hilfe Jericho (Kap. 6). Nach einem Fehlschlag, der durch einen Diebstahl Achans an dem Jahwe geweihten Beutegut verursacht war, wird Ai erobert (Kap. 7 und 8). Die Gibeoniter erlisten sich einen Vertrag mit Israel (Kap. 9); in der Nähe ihrer Stadt werden fünf Könige der Kanaaniter besiegt (Kap. 10). Über Eroberungen im Süden und Norden wird nur zusammenfassend berichtet (10,28 - 11,23). Eine Liste der in Kanaan besiegten Könige beschließt die Darstellung der Landnahme (Kap. 12).

Die Erzählungen des Buches Josua sind von recht verschiedener Art: Neben Kampfberichten stehen listenartige Angaben, Anweisungen und Berichte über kultische Begehungen, Erzählungen über Auseinandersetzungen in Israel selbst und mit den Bewohnern des Landes. Einige dieser Erzählungen, darunter Kap. 22, »erklären« auffallende Gegebenheiten: den Steinkreis bei Gilgal, die zwölf Steine im Jordan, die Ortsnamen »Hügel der Vorhäute« und Gilgal, den Steinhaufen im Achortal bei Jericho, den Ruinenhügel bei Ai, das Vertragsverhältnis mit Gibeon, den Altar im Ostjordanland. Man bezeichnet sie deshalb als Ätiologien (Ursprungserzählungen).

Der zweite Teil enthält die Angaben über die Verteilung des Landes. Nach dem Befehl Gottes (13,1-7) werden das Ostjordanland (13,15-33) und das Westjordanland an die Stämme verteilt (Kap. 14 19). Asyl- und Levitenstädte werden eingerichtet (Kap. 20 und 21). Der Streit um einen Altar östlich des Jordan wird beigelegt (Kap. 22). In der Gebiets- und Grenzbeschreibung der einzelnen Stämme sind vermutlich alte Listen, vor allem über die verwaltungsmäßige Einteilung Judas, verwendet.

Der dritte Teil des Buches enthält zwei Abschiedsreden, in denen Josua Israel zum Gehorsam gegenüber Gott verpflichtet. Diese Verpflichtung übernimmt Israel auf dem »Landtag« zu Sichem (Kap. 23 und 24).

Das Buch Josua, das zum Deuteronomistischen Geschichtswerk gehört (vgl. die Einleitung zum Buch Deuteronomium), will bezeugen, dass Gott die Landverheißung eingelöst hat, und es mahnt Israel, seinem Bund mit Gott treu zu bleiben.

Die Eroberung des Landes: 1,1 - 12,24

Der Befehl zur Besetzung des Westjordanlandes: 1,1-18

1 Nachdem Mose, der Knecht des Herrn, gestorben war, sagte der Herr zu Josua, dem Sohn Nuns, dem Diener des Mose: 1
2 Mein Knecht Mose ist gestorben. Mach dich also auf den Weg und zieh über den Jordan hier mit diesem ganzen Volk in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, geben werde.
3 Jeden Ort, den euer Fuß betreten wird, gebe ich euch, wie ich es Mose versprochen habe. 2
4 Euer Gebiet soll von der Steppe und vom Libanon an bis zum großen Strom, zum Eufrat, reichen - das ist das ganze Land der Hetiter - und bis hin zum großen Meer, wo die Sonne untergeht. 3
5 Niemand wird dir Widerstand leisten können, solange du lebst. Wie ich mit Mose war, will ich auch mit dir sein. Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht. 4
6 Sei mutig und stark! Denn du sollst diesem Volk das Land zum Besitz geben, von dem du weißt: Ich habe ihren Vätern geschworen, es ihnen zu geben. 56
7 Sei nur mutig und stark und achte genau darauf, dass du ganz nach der Weisung handelst, die mein Knecht Mose dir gegeben hat. Weich nicht nach rechts und nicht nach links davon ab, damit du Erfolg hast in allem, was du unternimmst. 7
8 Über dieses Gesetzbuch sollst du immer reden und Tag und Nacht darüber nachsinnen, damit du darauf achtest, genau so zu handeln, wie darin geschrieben steht. Dann wirst du auf deinem Weg Glück und Erfolg haben.
9 Habe ich dir nicht befohlen: Sei mutig und stark? Fürchte dich also nicht und hab keine Angst; denn der Herr, dein Gott, ist mit dir bei allem, was du unternimmst.
10 Da befahl Josua den Listenführern im Volk:
11 Geht durch das Lager und befehlt den Leuten: Versorgt euch mit Lebensmitteln; denn in drei Tagen werdet ihr den Jordan hier überschreiten, um in das Land hineinzuziehen und es in Besitz zu nehmen, das der Herr, euer Gott, euch zu eigen gibt. 8
12 Und den Rubenitern, den Gaditern und dem halben Stamm Manasse sagte Josua: 910
13 Erinnert euch an das, was Mose, der Knecht des Herrn, euch geboten hat: Der Herr, euer Gott, gewährt euch Ruhe und gibt euch dieses Land. 11
14 Eure Frauen, eure Kinder und euer Vieh sollen in dem Land bleiben, das Mose euch östlich des Jordan gegeben hat. Ihr aber sollt mit euren Brüdern hinübergehen, ihnen kampfbereit mit allen Kriegern voranziehen und ihnen helfen, 12
15 bis der Herr euren Brüdern ebenso wie euch Ruhe gewährt und bis auch sie das Land in Besitz nehmen, das der Herr, euer Gott, ihnen gibt. Dann sollt ihr in euren eigenen Besitz zurückkehren, in das Land, das euch Mose, der Knecht des Herrn, östlich des Jordan gegen Sonnenaufgang als Besitz gegeben hat.
16 Sie antworteten Josua: Alles, was du uns befohlen hast, wollen wir tun und dahin, wohin du uns schickst, werden wir gehen.
17 Genauso, wie wir auf Mose gehört haben, wollen wir auch auf dich hören. Der Herr aber, dein Gott, möge mit dir sein, wie er mit Mose gewesen ist.
18 Jeder, der sich deinem Befehl widersetzt und nicht allen deinen Anordnungen gehorcht, soll mit dem Tod bestraft werden. Sei nur mutig und stark!

1 ℘ Dtn 34,5
2 ℘ Dtn 11,24
3 Umschreibung des verheißenen Landes in seiner idealen größten Ausdehnung. Syrien-Palästina ist nach den assyrischen Königsinschriften das Hetiterland.
4 ℘ Dtn 31,6.8
5 ℘ Dtn 3,28
6 Vgl. die Anmerkung zu Dtn 1,8.
7 ℘ Dtn 5,32; 29,8
8 ℘ Dtn 3,12-29
9 ℘ (12-18) 4,12
10 Diese Stämme hatten ihren Landanteil bereits im Ostjordanland erhalten (vgl. Num 32).
11 ℘ Num 32,20-29
12 14f: östlich, wörtlich: jenseits; vom Standpunkt des Autors aus betrachtet, der in Palästina lebt.