Ijob 1

Ijob

Im Buch Job, einer der tiefsinnigsten Dichtungen aller Zeiten, wird der richtige Gottesbegriff erörtert. - Job, ein Urbild der Tugend und des Glücks, wird zur Erprobung seiner Gerechtigkeit von Gott dem Satan ausgeliefert. Dieser schlägt ihn mit dem Verlust seiner Habe, seiner Kinder und seiner Gesundheit. Ein Bild des Jammers sitzt er da und lobt Gott wegen seiner Fügungen. Drei seiner Freunde kommen, ihn zu trösten. Sieben Tage weilen sie bei ihm, stumm vor Schmerz und Mitleid. - Job bricht das Schweigen. Er verflucht sein Leben. Dem körperlichen Schmerz hat sich eine neue Qual beigesellt, die Seelenpein. Sie erwächst aus dem Rätsel seines bittern Leidens und raubt ihm die Geduld. Damit erfolgt der Anstoß zur Erörterung des Themas "Was ist von Gott zu halten, wenn er Leiden schickt?" Die Erörterung erfolgt in dreifach wiederholter Wechselrede (Kap. 4-14; 15-21; 22-26). Beide Teile gehen dabei von dem Satz aus, daß Leiden Strafen für begangene Sünden seien. Jobs Freunde schließen nun aus Jobs Leiden, daß er ein Sünder sei. Job dagegen betont seine Unschuld und findet sich, weil auch er nur Strafleiden kennt, vor ein unlösbares Rätsel gestellt. - Die immer noch offene Frage: "Wie sind die Leiden Unschuldiger mit einem gütigen und gerechten Gott vereinbar?", verlangt nach Antwort und das ungehörige Benehmen Jobs nach Rüge. Beides leistet einer der Zuhörer, Elihu. Er bekennt sich nicht zur Meinung Jobs und seiner Freunde, daß alles Leiden nur Strafleiden sei. Er verwirft auch Jobs Meinung, daß Gott ungerecht sei. Jede Züchtigung beruhe vielmehr auf Gottes Wohlwollen gegen die Menschen (Ijob 33, 30). Gott will durch Leiden die Sünder nicht nur strafen, sondern auch zur Tugend zurückführen. Für den Frommen aber ist das Leiden eine Schule, in der er vor der Bahn des Verderbens gewarnt wird. In dieser Schule wird er auch geläutert (Ijob 36, 10). Bleibt trotzdem ein unlösbarer Rest zurück, so ist zu bedenken, daß der Meister noch geheimnisvoller sein muß, als seine vielfach unbegreiflichen Geschöpfe (Ijob 42, 2 - 6)



Jobs Prüfungen durch Unglücksfälle

1 Einst lebte in dem Lande Us ein Mann mit Namen Job, und dieser Mann war fromm und recht gottesfürchtig und dem Bösen feind.1
2 Ihm waren sieben Söhne und drei Töchter geboren.
3 Und er besaß an Zuchtvieh 7.000 Schafe, 3.000 Kamele, 500 Joch Rinder und 500 Eselinnen, dazu ein groß Gesinde, und so war dieser Mann der vornehmste von allen Söhnen des Ostens.
4 Die Söhne aber pflegten ein Gelage abzuhalten, und zwar in eines jeden Haus an seinem Tage. Sie luden dazu die drei Schwestern ein, mit ihnen dort zu essen und zu trinken.
5 Und hatten sie die Tage des Gelages die Runde machen lassen, dann sandte Job und ließ sie reinigen, erhob er sich doch früh am Morgen und brachte Opfer dar für jeden einzelnen von ihnen. Denn also dachte Job: "Vielleicht daß meine Kinder sich versündigt und so in ihrem Herzen Gott ‘gesegnet’ haben." So tat denn Job ein jedesmal.2
6 Doch da geschah´s an jenem Tage: Die Gottessöhne kamen und stellten3
7 vor dem Herrn sich auf. Mit ihnen auch der Satan. Da sprach der Herr zum Satan. "Woher kommst du?" Der Satan gab dem Herrn zur Antwort: "Ich komme her von einem Streifzug auf der Erde, von einer Wanderung auf ihr."4
8 Da sprach der Herr zum Satan: "Hast du gemerkt, daß Job, mein Knecht, nicht seinesgleichen auf der Erde hat, ein Mann, so fromm und recht, so gottesfürchtig und dem Bösen feind?"
9 Darauf erwiderte dem Herrn der Satan: "Ist Job umsonst so gottesfürchtig?
10 Hast du nicht ihn, sein Haus und all sein Gut umhegt? Und seiner Hände Arbeit hast du so gesegnet, daß sein Besitz im Land sich mehrte.
11 Doch fahre einmal einen Schlag und triff sein Hab und Gut, ob er nicht ins Gesicht dich ‘segnet’!"5
12 Da sprach der Herr zum Satan: "So sei in deiner Hand jetzt alles, was er hat! Nur rühr ihn selbst nicht an!" Da ging der Satan von dem Herrn hinweg.
13 An einem Tag geschah's: Die Söhne und die Töchter Jobs schmausten im Haus des ältesten Bruders und tranken Wein.
14 Da kam zu Job ein Bote. Er sprach: "Die Rinder pflügten auf dem Felde; die Eselinnen weideten daneben.
15 Da fielen die Sabäer ein und raubten sie und schlugen mit dem Schwert die Knechte. Nur ich allein entkam mit knapper Not, dir's zu vermelden."6
16 Und noch sprach dieser. Da kam ein anderer schon und sprach: "Ein Gottesfeuer fiel vom Himmel, fuhr zündend in die Herden zu den Knechten und fraß sie auf. Nur ich allein entkam mit knapper Not, dir's zu vermelden."7
17 Und noch sprach dieser. Da kam ein anderer schon und sprach: "Chaldäer fielen ein, drei Haufen, und trieben die Kamele weg und schlugen mit dem Schwert die Knechte. Nur ich allein entkam mit knapper Not, dir's zu vermelden."
18 Und noch sprach dieser. Da kam ein anderer schon und sprach: "Beim Schmause waren deine Söhne und deine Töchter und tranken Wein im Haus des ältesten der Brüder.
19 Da kommt ein mächtiger Sturmwind aus der Wüste, erfaßt das Haus an den vier Ecken. Und dies fällt auf die Knechte; sie kommen um. Nur ich allein entkam mit knapper Not, dir's zu vermelden."8
20 Darauf erhob sich Job, zerriß sein Kleid, zerraufte sich sein Haupt und warf sich auf die Erde zum Gebet.9
21 Hierauf sprach er: "Ich habe nackt den Mutterschoß verlassen; ich fahre nackt dorthin zurück. Der Herr hat es gegeben. Der Herr hat es genommen. Gepriesen sei des Herrn Name!"10
22 Bei alldem hatte Job sich nicht versündigt, noch Haß geäußert gegen Gott.
1 Das Land Us entweder nordwestlich von Palästina bei Damaskus oder südöstlich davon in Edom.
2 "segneten" euphemistisch für "fluchten".
3 Nach St. Augustinus u. anderen Vätern das Folgende Parabel.
4 Die Frage will nur die Erlaubnis zum Sprechen geben.
5 "preist" euphemistisch für "flucht".
6 Sabäer in Nordarabien, s. Gen 25, 3.
7 "Gottesfeuer" = gewaltiges Feuer, Blitz.
8 Das 1. und das 3. Unglück kommen von Menschen, die anderen vom Himmel.
9 Trauerbräuche. Erst beim Tod der Kinder gibt Job seinem Schmerz Ausdruck.
10 "Dorthin" in die Erde, woher auch Jobs Mutter schließlich stammt.