1 Mein Sohn, bist du Bürge geworden für deinen Nächsten, hast du den Handschlag einem anderen gegeben,
2 bist du durch ein Versprechen gebunden, durch eine Zusage gehalten,
3 so tu doch dies, mein Sohn, damit du dich frei machst - denn in die Hand deines Nächsten bist du geraten -: geh hin, wirf dich nieder, bestürme deinen Nächsten,
4 gönne keinen Schlaf deinen Augen, deinen Wimpern keinen Schlummer,
5 reiße dich los aus seiner Hand wie eine Gazelle, wie ein Vogel aus der Hand des Voglers. -
6 Geh zur Ameise, Fauler, - betrachte ihr Tun und werde weise!
7 Wenn sie auch keinen Fürsten hat, keinen Vogt und keinen Gebieter,
8 so sorgt sie doch im Sommer für ihre Nahrung, sammelt zur Erntezeit sich Speise. - [Oder geh zur Biene und sieh, wie fleißig sie ist und wie erhaben das Werk, das sie vollbringt. Was sie hervorbringt, verwenden Könige und Edle zu ihrer Gesundheit; bei allen ist sie gesucht und berühmt: mag sie auch schwach sein an Kraft, so hat sie doch Weisheit voraus, die von ihr geehrt wird.]
9 Wie lange noch, Fauler, willst du liegen bleiben? Wann willst du vom Schlaf dich erheben?
10 "Ein bißchen noch schlafen, noch schlummern ein bißchen, ein bißchen die Hände noch falten und ruhen!"
11 Schon kommt über dich wie ein Läufer die Armut, wie ein Krieger kommt über dich der Mangel.
12 Ein Schurke, ein Frevler ist, wer mit falscher Rede umhergeht,
13 mit den Augen zwinkert, mit dem Fuße deutet, Zeichen gibt mit den Fingern,
14 wer im Herzen Ränke schmiedet und Händel stiftet jederzeit. -
15 Darum wird das Verderben ihn plötzlich ereilen, jäh wird er hilflos zerschellen!
16 Sechs Dinge sind es, die dem Herrn verhaßt, und seinem Herzen sind sieben ein Greuel:
17 Das stolze Auge, die falsche Zunge und die unschuldig Blut vergießende Hand,
18 das boshafte Ränke schmiedende Herz, die eilends zum Bösen laufenden Füße,
19 der Lügen redende falsche Zeuge und der, der Zwietracht sät zwischen Brüdern.
20 Beachte, mein Sohn, deines Vaters Ermahnung, und laß nicht ab von der Unterweisung deiner Mutter!
21 Immerdar binde sie dir aufs Herz, um den Hals sie dir winde,
22 damit sie dich geleiten, wenn du gehst, und über dich wachen, wenn du ruhst, sie - wenn du erwachst - mit dir gehen zur Arbeit.
23 Denn Leuchten sind die Ermahnungen, die Unterweisungen Lichter; ein Weg zum Leben sind die Mahnungen zur Zucht.
24 Sie schützen dich vor dem bösen Weg, vor der glatten Zunge der Fremden.
25 Trage in deinem Herzen nach ihrer Schönheit kein Gelüst, laß dich nicht fangen von ihren Wimpern!
26 Denn für eine Dirne kommt man herunter auf einen Laib Brot. Aber eines Mannes Ehefrau jagt einem edlen Leben nach.
27 Kann man wohl Feuer bergen im Gewand, ohne das Kleid zu versengen?
28 Kann jemand wandeln auf glühenden Kohlen, ohne sich die Füße zu verbrennen?
29 So ergeht es dem, der mit der Frau des anderen sich einläßt; nicht ungestraft bleibt, wer sie berührt.
30 Übersieht man es dem Dieb, selbst wenn er nur stiehlt, seinen gierigen Hunger zu stillen?
31 Ersetzen muß er es siebenfach, wird er ertappt, müßte er selbst hingeben sämtliche Habe seines Hauses.
32 Wer mit einer Frau die Ehe bricht, hat den Verstand verloren; solches tut nur, wer sich selbst ins Verderben will stürzen.
33 Schläge und Schande trägt er nur davon, und seine Schmach ist untilgbar.
34 Denn Eifersucht ist des Mannes Grimm, am Tag der Rache kennt er keine Schonung.
35 Kein Sühnegeld kann ihn versöhnlich stimmen; magst du ihm noch so viel schenken, er gibt sich nicht zufrieden.