2Sam 1

David, der Herrscher Israels

Das zweite Buch Samuel, das ursprünglich mit dem ersten eine Einheit bildete, berichtet zunächst, wie David König über ganz Israel wurde und die Bundeslade nach Jerusalem brachte. Das Buch zeigt dann, wie das Königtum Davids sich im Aufstand seines Sohnes Abschalom bewährte und schließt mit dem Kauf eines Platzes zum Dreschen von Getreide, an dessen Stelle später der Tempel gebaut wurde.

Wie David an die Macht in Israel kommt und wie er seine Krisen durchsteht.

1-10: Davids Sieg über alle Feinde

David Herrschaft über Juda (1-4)

David erfährt von Sauls und Jonatans Tod

1 Als David nach dem Tod Sauls von seinem Sieg über die Amalekiter1 zurückgekehrt war, hielt er sich zwei Tage lang in Ziklag2 auf.
2 Am dritten Tag kam einer von Sauls Leuten aus dem Heerlager. Seine Kleidung war zerrissen und er hatte Erde auf dem Kopf.3 Als er zu David kam, warf er sich ehrfürchtig auf den Boden vor ihn.
3 "Wo kommst du her?", fragte ihn David. "Ich habe mich aus dem Heerlager Israels in Sicherheit gebracht", erwiderte er.
4 "Wie steht es?", fragte David. "Berichte es mir!" Er sagte: "Das ganze Heer wurde in die Flucht geschlagen, und viele sind gefallen. Auch Saul und sein Sohn Jonatan sind tot."
5 Da fragte David den jungen Mann: "Saul und Jonatan sind tot? Woher weißt du das?"
6 Der junge Mann berichtete: "Ich geriet zufällig auf die Berge von Gilboa. Da sah ich Saul stehen, wie er sich auf seinen Speer stützte. Die Streitwagen hatten ihn schon fast erreicht.
7 Da drehte er sich um, sah mich und rief mich zu sich. 'Ja, Herr', sagte ich.
8 'Wer bist du?', fragte er. 'Ein Amalekiter', antwortete ich.
9 Da sagte er zu mir: 'Komm her und gib mir den Todesstoß! Mit mir geht es zu Ende.'
10 Da trat ich zu ihm und gab ihm den Todesstoß, denn ich sah, dass er seinen Fall nicht überleben würde. Dann nahm ich ihm den Stirnreif und die Armspange ab. Hier sind sie, Herr."

11 Da riss David sein Obergewand ein.4 Dasselbe taten auch die Männer, die bei ihm waren.
12 Sie trauerten, weinten und fasteten bis zum Abend um Saul und seinen Sohn Jonatan, um das Volk Jahwes und die Männer Israels, die in der Schlacht gefallen waren.
13 Dann fragte David den jungen Mann, der ihm das berichtet hatte: "Woher stammst du?" – "Ich bin der Sohn eines amalekitischen Einwanderers", erwiderte dieser.
14 Da fuhr David ihn an: "Wie konntest du es wagen, Jahwes gesalbten König anzutasten und ihn umzubringen?"
15 Er rief einem seiner jungen Männer zu: "Komm her und mach ihn nieder!" Der ging hin und erschlug ihn.
16 David sagte noch zu dem Amalekiter: "Dein Blut komme auf dich selbst zurück! Du hast dir selbst das Urteil gesprochen, als du sagtest: 'Ich habe Jahwes gesalbtem König den Todesstoß gegeben.'"

17 Dann stimmte David über Saul und dessen Sohn Jonatan die Totenklage an
18 und ordnete an, man solle es die Söhne Judas als Bogenlied lehren. Es ist im Buch der Heldenlieder5 aufgenommen worden:

19 Die Zierde Israels liegt erschlagen auf deinen Höhen! / Wie sind die Helden gefallen!
20 Berichtet es nicht in Gat, / verkündet es nicht in Aschkelons Gassen, / sonst freuen sich die Töchter der Philister, / sonst jubeln die Töchter dieser Unbeschnittenen6.

21 Ihr Berge von Gilboa, / Felder des Todes, / kein Tau und kein Regen falle auf euch! / Denn dort wurde der Schild der Helden besudelt, / Sauls Schild, nicht mit Öl gesalbt, nein,
22 mit dem Blut von Erschlagenen, / dem Körperfett von Helden. / Jonatans Bogen wich niemals zurück, / Sauls Schwert kehrte nie erfolglos heim!

23 Saul und Jonatan, / geliebt und liebenswert, solange sie lebten, / sind nun auch im Tod noch vereint. / Sie waren schneller als Adler / und stärker als Löwen.

24 Ihr Töchter Israels, / um Saul müsst ihr weinen, / er hat euch in köstlichen Purpur gekleidet, / er heftete Goldschmuck an euer Gewand.

25 Wie sind die Helden gefallen / mitten im Kampf! / Auch Jonatan / liegt tot auf deinen Bergen.
26 Mein Bruder Jonatan, / es tut mir leid um dich! / Deine Freundschaft war mir viel mehr, / als Frauenliebe je bedeuten kann.

27 Wie sind die Helden gefallen, / dahin die Waffen des Kampfes!

1 Die Amalekiter lebten als Nomaden im Negev, südlich von Beerscheba.
2 Ziklag. Stadt im Gebiet der Philister (1. Samuel 27,6).
3 Kleider ... Kopf. Das waren Zeichen von Trauer und Entsetzen.
4 riss ... ein. Als Zeichen von Trauer und Entsetzen riss man das entsprechende Kleidungsstück vom Halsausschnitt an mit einem heftigen Ruck etwa eine Handlänge ein.
5 Heldenlieder. Hebräisch: Buch Jaschar. Wörtlich: Buch des Redlichen, vermutlich eine Sammlung von Liedern auf die Helden Israels.
6 Unbeschnittene. Verächtlicher Ausdruck für Menschen, die nicht zum Bund Gottes gehörten. Siehe 1. Mose 17,9-14!