Jer 1

Von Judas Rebellion und Verbannung ins Exil

Jeremia war noch sehr jung, als er im 13. Regierungsjahr des jüdischen Königs Joschija (626 v.Chr.) zum Propheten berufen wurde. Er hatte eine schwere Last zu tragen, denn seine Botschaft war Gottes letzte Warnung an das Volk, das aber nicht hören wollte. Er wurde bedroht, vor Gericht gestellt, in Fesseln gelegt, öffentlich gedemütigt, in den Schlamm einer Zisterne geworfen usw. Jede seiner Ankündigungen erfüllte sich, doch folgte man stets den falschen Propheten und nicht ihm. Der Niedergang war schon so weit fortgeschritten, dass das Volk trotz der Reformen Joschijas, die es nur halbherzig mitmachte, geistlich immer mehr verfiel. Über die Niederschrift eines Teils seiner Weissagungen berichtet Jeremia in Kapitel 36 selbst. Er erlebte die Belagerung und Zerstörung Jerusalems und wurde vom Rest des Volkes gegen seinen Willen mit nach Ägypten genommen. Damals müsste er etwa 70 Jahre alt gewesen sein. In Ägypten schrieb er offenbar die Endform seines Buches, wobei er die Weissagungen aber nicht chronologisch ordnete. Er stellte oft Prophezeiungen nebeneinander, die zeitlich weit auseinander lagen. Sein Werk ist das längste Einzelbuch der Bibel und besteht zum großen Teil aus poetischen Texten. Nach jüdischer Überlieferung wurde Jeremia von Leuten aus seinem eigenen Volk in Ägypten gesteinigt.

Wie der Prophet einem rebellischen Volk Gottes Strafbotschaft bringen muss und selbst schwer darunter leidet.

1-20: Frommer König – rebellisches Volk

Jeremias Botschaft kompakt (1)

1 Das sind die Worte von Jeremia Ben-Hilkija, der zu den Priestern aus Anatot1 gehörte, einem Ort im Stammesgebiet von Benjamin.
2 Im 13. Regierungsjahr des Königs Joschija Ben-Amon2 von Juda kam das Wort Jahwes zu ihm
3 und dann weiter in der Zeit des Königs Jojakim Ben-Joschija3 bis zum Ende der Regierung des Königs Zidkija Ben-Joschija4, als im August5 seines elften Regierungsjahrs die Bevölkerung Jerusalems verschleppt wurde.

Die Berufung Jeremias

4 Das Wort Jahwes kam zu mir. Er sagte:

5 "Noch bevor ich dich im Mutterleib formte, hatte ich dich erwählt. / Noch ehe du geboren wurdest, hatte ich dich geweiht: / Zum Propheten für die Völker bist du bestimmt!"

6 Doch ich erwiderte: "Ach mein Herr, Jahwe! Ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung!"
7 Da sagte Jahwe zu mir: "Sag nicht, ich bin zu jung! Geh, wohin ich dich sende, und rede, was ich dir befehle!
8 Hab keine Angst vor den Menschen, denn ich bin mit dir und beschütze dich, spricht Jahwe."
9 Dann berührte Jahwe meine Lippen mit seiner Hand und sagte: "Hiermit lege ich meine Worte in deinen Mund.
10 Pass auf:

Von heute an bist du damit betraut, / in Königreichen und Völkern / auszureißen und abzureißen, / zu vernichten und zu verwüsten, / zu bauen und zu pflanzen."

Zwei Visionen

11 Wieder kam das Wort Jahwes zu mir: "Was siehst du, Jeremia?" – "Einen Mandelzweig6", erwiderte ich.
12 "Du hast richtig gesehen", sagte Jahwe. "Denn ich wache7 über mein Wort, damit geschieht, was ich sage."

13 Das Wort Jahwes kam noch einmal zu mir: "Was siehst du?" – "Ich sehe einen siedenden Kessel", sagte ich, "sein Rand neigt sich von Norden her gegen mich."
14 Da sagte Jahwe zu mir: "Von Norden her ergießt sich das Unheil über alle Bewohner dieses Landes.
15 Ja, ich rufe alle Stämme des Nordens herbei", spricht Jahwe, "dass ihre Könige kommen und ihre Throne ringsum an die Eingänge der Tore Jerusalems stellen und um die Mauern aller anderen Städte Judas.
16 Dann werde ich mein Urteil über die Judäer sprechen und sie strafen für all das Böse, das sie getan haben: Sie haben mich verlassen und anderen Göttern Rauchopfer gebracht, sie haben das Werk ihrer eigenen Hände angebetet.
17 Du aber mach dich bereit, steh auf und sag ihnen alles, was ich dir auftrage! Hab keine Angst vor ihnen, sonst mache ich dir vor ihnen Angst.
18 Pass auf! Ich mache dich heute zu einer befestigten Stadt, einer eisernen Säule, einer stählernen Mauer gegen das ganze Land, gegen seine Könige und Beamten, gegen seine Priester und gegen das Volk.
19 Sie werden gegen dich kämpfen, dich aber nicht bezwingen, denn ich bin mit dir, um dich zu retten", spricht Jahwe.

1 Anatot. Der kleine Ort lag 5 km nordöstlich von Jerusalem.
2 Joschija regierte von 640-609 v. Chr. Jeremias Prophetendienst begann also 626 v. Chr.
3 Jojakim regierte von 609-598 v. Chr. Vor ihm hatte Joahas drei Monate regiert und nach ihm Jojachin ebenfalls drei Monate.
4 Zidkija regierte von 597-586 v. Chr.
5 August. Wörtlich: im 5. Monat. Im Jahr 586 v.Chr. Zum Datum siehe unter Schaltmonat im Vorwort des Übersetzers.
6 Der Mandelbaum blüht im Frühjahr als erster von allen Bäumen und scheint im Winter gar nicht "geschlafen" zu haben.
7 ich wache. Das hebräische Wort für wachen (schoked) klingt ähnlich wie das für Mandelbaum (schaked).