1Petr 1

Einführung in den ersten Petrusbrief





A - Um 180 n. Chr. zitiert Irenäus in seinem Werk »;Gegen die Häresien« dreimal aus diesem Brief, den er dabei ausdrücklich als Brief des Petrus (s. zu Mt 16,18 A) bezeichnet. Für diesen als Verfasser spricht ferner, daß der Brief doch wohl in Rom (= Babylon - 1Petr 5, 13) geschrieben sein will, wo nach der Überlieferung auch Petrus seine letzten Lebensjahre verbracht haben soll, ferner daß Markus, der allgemein als der Gefährte des Petrus gilt (s. Mk A), bei der Abfassung zugegen gewesen ist (1Petr 5, 13). Doch der für den palästinensischen Fischer kaum erreichbare gute griechische Stil des Briefes, auch die in den alttestamentlichen Zitaten zu Tage tretende Vertrautheit mit der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes (Septuaginta), schließlich der Reichtum paulinischer Terminologie und Theologie legen nahe, die Verfasserschaft des Petrus in einem weiteren, auch für andere Schriften des Neuen Testamentes angebrachten (s. z.B. Mt F;Joh E) Sinn zu verstehen: dieses Dokument entstammt der sich auf Petrus gründenden römischen Gemeinde und enthält die Glaubensüberzeugungen, wie sie dort mit der Zeit gewachsen und formuliert worden sind. Wie weit Silvanus den Brief formuliert hat (1Petr 5, 12) oder ob sich die Gemeinde nur noch seines Namens bedient, darf offengelassen werden. Auf jeden Fall handelt es sich um ein inspiriertes Dokument der Urkirche (s. Einleitung G).



B - Aus diesen Gründen muß auch die gewöhnlich angenommene Entstehungszeit des Briefes (64 n. Chr., s. Einleitung C) mit einem Fragezeichen versehen werden. Wahrscheinlicher ist, daß der Brief kurz vor den scharfen Verfolgungen unter Domitian (81-96) geschrieben worden ist.



C - Die spärlichen persönlichen Nachrichten und Grüße und die Tatsache, daß kaum auf konkrete Verhältnisse der Empfänger angespielt wird, charakterisieren diesen Brief als ein allgemeines Rundschreiben der römischen (?) Gemeinde an die Heidenchristen in Kleinasien, dessen wichtigste römische Provinzen (und nicht Landschaften) 1Petr 1, 1 aufgezählt werden.



D - Die Kirche steht am Vorabend großer Bedrängnisse von Seiten des Staates: darauf will der Brief durch Ermahnung, Tröstung und Hinweis auf die Kraftquellen vorbereiten. Er bedient sich dabei gelegentlich längst geläufiger Formulierungen aus der Gemeindeunterweisung und dem Gottesdienst, aus Sakramentenspendung (Taufe) und vielleicht auch anderen neutestamentlichen Schriften.

DER ERSTE BRIEF DES HL. APOSTELS PETRUS

Gruß

1 Petrus, Apostel Jesu Christi, an die Fremdlinge in der Diaspora von Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien, die auserwählt sind12
2 nach der Vorherbestimmung Gottes des Vaters durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi. - Gnade euch und Friede in reichlichem Maße!3

Lobpreis Gottes

3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung,4
4 zu einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das im Himmel aufbewahrt ist für euch,5#
5 die ihr in der Kraft Gottes durch den Glauben für das Heil bewahrt werdet, das am Ende der Zeit offenbar werden soll.6
6 Darüber frohlockt ihr, wenngleich ihr jetzt auf kurze Zeit, wenn es sein soll, durch mancherlei Prüfungen Trübsal erleidet,7
7 damit euer Glaube bewährt und für weit wertvoller befunden werde als das vergängliche Gold, das durch Feuer geläutert wird. Bei der Offenbarung Jesu Christi wird euch das zu Lob und Preis und Ehre gereichen.89#
8 Ihn liebt ihr, obwohl ihr ihn nicht gesehen habt. An ihn aber glaubend, - ohne ihn jetzt zu schauen - jubelt ihr mit unaussprechlicher, herrlicher Freude,10#
9 da ihr das Ziel eures Glaubens erhaltet, das Heil der Seelen.11
10 Über dieses Heil haben schon die Propheten nachgesonnen und geforscht, die von der Gnade geweissagt haben, die euch zuteil werden sollte.12
11 Sie forschten, auf welche Zeit und Umstände der Geist Christi in ihnen hinweise, da er im voraus die für Christus bestimmten Leiden und seine darauffolgende Herrlichkeit bezeugte.13
12 Ihnen wurde geoffenbart, daß sie nicht sich selber, sondern euch mit dem dienten, was euch jetzt durch die verkündet wurde, die euch die Frohbotschaft kraft des vom Himmel gesandten Heiligen Geistes gebracht haben, - die Geheimnisse des Heils, in die Einblick zu gewinnen (selbst) die Engel begehren.1415

GRUNDSÄTZE FÜR DAS CHRISTLICHE LEBEN

Heiliger Wandel

13 Darum, im Geist bereit und nüchtern, setzt eure Hoffnung ganz allein auf die Gnade, die euch bei der Offenbarung Jesu Christi zuteil wird.1617
14 Als gehorsame Kinder gestaltet euer Leben nicht mehr nach den Begierden, denen ihr früher in der Zeit eurer Unwissenheit dientet,18
15 sondern werdet in eurem ganzen Wandel heilig, wie der heilig ist, der euch berufen hat.19
16 Es steht ja geschrieben: "Seid heilig, weil ich heilig bin."2021#
17 Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person jeden nach seinen Werken richtet, wandelt in Furcht, solange ihr in der Fremde weilt,22
18 im Wissen, daß ihr von eurem verkehrten, von den Vätern ererbten Wandel nicht mit vergänglichen Werten, mit Gold und Silber, losgekauft seid,23
19 sondern mit dem kostbaren Blut Christi, des Lammes ohne Fehl und Makel.24
20 Schon vor Erschaffung der Welt war er dazu ausersehen, erschienen aber ist er um euretwillen am Ende der Zeiten.25
21 Durch ihn seid ihr zum Glauben an Gott gekommen, der ihn von den Toten auferweckt und verherrlicht hat, so daß euer Glaube und eure Hoffnung auf Gott gerichtet sind.26

Nächstenliebe

22 So heiligt denn eure Seelen im Gehorsam gegenüber der Wahrheit zu aufrichtiger Bruderliebe. Liebt einander beharrlich aus reinem Herzen.27
23 Ihr seid ja wiedergeboren nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem - durch das lebendige und unwandelbare Wort Gottes.28
24 "Alles Fleisch gleicht dem Gras, der Blume des Grases all seine Herrlichkeit. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt.2930#
25 Doch das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit." - Dieses Wort ist euch als Evangelium verkündet worden.31
1 "Diaspora" - vgl. Anm. zu Joh 7, 35.
2 ℘ +Hebr 11, 13++;Joh 7, 35;Jak 1, 1
3 ℘ Röm 8, 29;Röm 9, 11;Eph 1, 11;2Thess 2, 13;Hebr 12, 24
4 ℘ +2Kor 1, 3++;1Petr 2, 2. 10;Eph 2, 4;+1Petr 1, 23. 7++;+Joh 3, 5++
5 ℘ Kol 1. 5. 12
6 ℘ 1Kor 2, 5;Joh 10, 28;Joh 17, 11;Gal 3, 23;Röm 5, 3 - 5
7 ℘ Röm 8, 35;2Kor 4, 17;1Petr 4, 12f;1Petr 5, 10;Joh 16, 20;Hebr 12, 11;Jak 1, 2
8 "...durch Feuer geläutert" - wenn das Gold geschmolzen wird, kann die wertlose Schlacke leicht vom edlen Metall getrennt werden (lauter = rein, echt).
9 ℘ Jak 1, 3;Offb 3, 18;Röm 2, 7. 10;+1Kor 1, 7++
10 ℘ Joh 17, 20;Joh 20, 29;2Kor 5, 7;Eph 6, 24;2Tim 4, 8;1Joh 4, 20;Joh 8, 56
11 ℘ Röm 6, 22;Hebr 10, 39
12 ℘ Mt 11, 13;Mt 13, 17;Mt 17, 3;Lk 10, 24;Apg 7, 52
13 ℘ Offb 19, 10;1Kor 10, 4;Lk 24, 26
14 Wörtlich: "...(Dinge), in die hineinzuschauen die Engel begehren."
15 ℘ Eph 3, 10;Lk 2, 13;Apg 2, 2;Jak 1, 25
16 Wörtlich: "Darum, gegürtet habend die Lenden eures Denkens..."
17 ℘ +Lk 12, 35++;1Petr 4, 7;1Petr 5, 8;Gal 5, 4f;Apg 15, 11;+1Kor 1, 7++;Eph 2 6;Kol 3 1 - 3;Tit 2 13;Hebr 9 28
18 ℘ Röm 12, 2;Eph 2, 2f;Eph 4, 18
19 ℘ +Mt 5, 48++
20 Vgl. Lev 11, 45.
21 ℘ 1Thess 4, 3
22 ℘ Mt 6, 9;Mt 7, 11;+Mt 16, 27++;+2Kor 11, 15++;+Röm 2, 11++;2Kor 5, 11;Phil 2, 12;Gal 1, 10;Offb 20, 12;Offb 22, 12
23 ℘ 1Kor 6, 20;1Kor 7, 23;1Petr 1, 23;1Petr 4, 3;Eph 4, 17;Apg 14, 15;Röm 8, 20
24 ℘ +Joh 1, 29++;+Joh 8, 46++
25 ℘ Apg 2, 23;Apg 4, 28;Joh 19, 11;Eph 1, 4;Joh 17, 24;Röm 16, 25f;Hebr 1, 2;Hebr 9, 26
26 ℘ Joh 14, 6;Röm 4, 24;Eph 1, 20;Kol 1, 27;1Petr 2, 1
27 ℘ +Röm 16, 26++;+1Thess 4, 9++;1Joh 5, 1;1Petr 4, 8
28 ℘ Mt 7, 24. 26;+Hebr 4, 12++;1Petr 1, 3;Joh 1, 13;1Joh 3, 3. 9;Jak 1, 18
29 V. 24 - 25: Vgl. Jes 40, 6 - 8.
30 ℘ +Mt 13, 6++
31 ℘ Mt 24, 35