Kol 1

Einführung in den Brief an die Kolosser





A - Der Kolosserbrief gehört zu den »;Gefangenschaftsbriefen« (s. Phil A), und unter denen ist er dem Epheserbrief eng verwandt: Was von diesem gesagt wurde (s. Eph B. C. D), gilt zum größten Teil auch vom Kol: Wahrscheinlich wurde er in der römischen Gefangenschaft geschrieben (61-63?), gegen eine jüdisch-christliche Gnosis, die Stil und Thema des Briefes bestimmt und ihm einen auf den ersten Blick »;unpaulinischen« Charakter verleiht.



B - Doch der immer deutlicher werdende Tatbestand, daß bereits im ersten Jahrhundert mit gnostischen Tendenzen innerhalb der christlichen Gemeinden gerechnet werden muß, und auch die Beobachtung, daß eine solche Provokation bei einem Autor durchaus zu einer deutlichen Weiterentwicklung seiner eigenen Denk- und Stilstrukturen führen kann, lassen es weiterhin möglich erscheinen, daß der Brief von Paulus selbst (und nicht aus seinem Schülerkreis) stammt, auch wenn davon für die Interpretation und kirchliche Verbindlichkeit des Briefes nicht sehr viel abhängt, sondern seine Zugehörigkeit zum urchristlichen Kanon entscheidend ist (s. Einleitung B).



C - Der Kol unterscheidet sich jedoch vom Eph, der viel mehr im Allgemeinen bleibt, durch direktes Eingehen auf die aktuellen Fragen der Gemeinde und durch ebenso direkte Angriffe gegen die Irrlehrer. Ihnen, die den »;Weltelementen« neben Christus noch Heilsbedeutung zumessen, stellt Paulus Christus als den »;Herrn des Kosmos« gegenüber, eine Konzeption, in der sich der jüdisch-christliche Monotheismus, der biblische Schöpfungsglaube und die historischen Heilsereignisse des Lebens Jesu zu einer großartigen Synthese vereinigen. Die Herrschaft Christi zeigt sich bereits deutlich in den Gliedern seines Leibes, der Kirche, die er von der Herrschaft der Mächte befreit hat, zeigt sich aber auch an in den Leiden der Christen, repräsentativ in denen des Apostels: Es sind die Geburtswehen der neuen Erde, wo Christus uneingeschränkt herrschen wird und jene Gerechtigkeit und Brüderlichkeit heraufführt, die sich bereits im Leben der Christen andeuten.



DER BRIEF DES HL. PAULUS AN DIE KOLOSSER

Gruß

1 Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, und der Bruder Timotheus1
2 an die heiligen und gläubigen Brüder in Christus zu Kolossä. Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater!23

Dank und Bittgebet

3 Bei unserem Gebet für euch danken wir immerdar Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus.4
4 Denn wir hörten von eurem Glauben an Christus Jesus und von eurer Liebe, die ihr zu allen Heiligen hegt,5
5 im Hinblick auf die Hoffnung, die für euch im Himmel bereitliegt. Von ihr habt ihr früher gehört durch das Wort der Wahrheit des Evangeliums,6
6 das zu euch gedrungen ist. Wie in der ganzen Welt, so wächst es auch bei euch und trägt Früchte seit dem Tag, da ihr es vernommen und die Gnade Gottes in Wahrheit erkannt habt.7
7 Davon habt ihr durch unsern lieben Mitknecht Epaphras gelernt. Er ist ein treuer Diener Christi für euch8
8 und hat uns von eurer Liebe im Geist berichtet.9
9 Seitdem wir davon Kunde haben, flehen wir unaufhörlich für euch und beten, ihr möchtet mit der Erkenntnis seines Willens in aller geistlichen Weisheit und Einsicht erfüllt werden,10#
10 damit ihr des Herrn würdig wandelt, ganz so, wie es ihm wohlgefällt: fruchtbar an allen guten Werken, wachsend durch die Erkenntnis Gottes,11#
11 gestärkt mit großer Kraft dank seiner machtvollen Herrlichkeit zu aller Geduld und Langmut, mit Freude12
12 dem Vater dankend, der euch befähigt hat, am Erbe der Heiligen teilzunehmen im Licht.13

DIE EINZIGARTIGE WÜRDE CHRISTI

Christus Weltschöpfer

13 Er hat uns der Gewalt der Finsternis entrissen und in das Reich seines geliebten Sohnes versetzt,14
14 in dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.15
15 Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung,16
16 weil in ihm alles erschaffen worden ist im Himmel und auf Erden, Sichtbares und Unsichtbares, seien es Throne oder Herrschaften, Fürstentümer oder Mächte: Alles ist durch ihn und auf ihn hin erschaffen.17#
17 Er ist vor allem und alles hat in ihm seinen Bestand.18#

Christus Welterlöser

18 Er ist das Haupt des Leibes, der Kirche. Er ist der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem den Vorrang hat.19#
19 Denn es hat der ganzen Fülle (Gottes) gefallen, in ihm Wohnung zu nehmen20#
20 und durch ihn alles auf ihn hin zu versöhnen, was auf Erden und was im Himmel ist, indem er durch sein Blut am Kreuz Frieden stiftete.21
21 Auch euch, die ihr einst nach der Gesinnung in bösen Werken Entfremdete und Feinde wart,22
22 hat er nun durch den Tod seines fleischlichen Leibes versöhnt, um euch heilig, makellos und schuldlos vor sich hinzustellen.23#
23 Ihr müßt nur im Glauben festgegründet und beständig bleiben und dürft euch von der Hoffnung des Evangeliums, das ihr gehört habt, nicht abbringen lassen. In der ganzen Schöpfung unter dem Himmel wird es verkündet - ich, Paulus, bin sein Diener geworden.24

Aposteldienst

24 Jetzt freue ich mich inmitten der Leiden für euch und ergänze in meinem Fleisch, was an den Drangsalen Christi noch mangelt, für seinen Leib, das ist die Kirche.2526
25 Ihr Diener bin ich durch das mir von Gott übertragene Amt geworden, um das Wort Gottes bei euch zu vollenden,27
26 das früheren Zeiten und Geschlechtern verborgene Geheimnis, das jetzt aber seinen Heiligen geoffenbart ist.28
27 Ihnen wollte Gott kundtun, was der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Völkern ist: Es ist Christus unter euch, die Hoffnung auf Herrlichkeit!29
28 Ihn verkünden wir und ermahnen und unterweisen jeden Menschen in aller Weisheit, um so einen jeden in Christus zur Vollendung zu führen;30
29 dafür mühe ich mich auch ab, kämpfend gestützt auf seine Kraft, die machtvoll in mir wirksam ist.31
1 ℘ Eph 1, 1
2 Epaphras hatte das Christentum nach Kolossä gebracht.
3 ℘ Eph 1, 2;+Röm 1, 7++
4 ℘ Eph 1, 15f
5 ℘ +1Kor 13, 13++
6 ℘ 1Petr 1, 4;Eph 1, 18;Hebr 6, 18f;Eph 1, 13
7 ℘ 2Petr 1, 12;1Tim 3, 16;Eph 1, 13
8 ℘ Kol 4, 12;Phlm 23
9 ℘ Röm 15, 30
10 ℘ Eph 1, 8f. 15f;+Eph 1, 17++;Phil 1, 9;+1Thess 2, 12++;+2Tim 3, 7++
11 ℘ Eph 1, 17;Eph 2, 10;Eph 4, 1;2Petr 1, 2. 8
12 ℘ Eph 1, 18f;Eph 3, 16
13 ℘ Eph 1, 11. 18;Apg 20, 32;1Petr 1, 4;Apg 8, 21
14 ℘ Lk 22, 53;+Eph 1, 21++;+Eph 2, 2++
15 ℘ Eph 1, 7
16 ℘ +2Kor 4, 4++;+1Tim 1, 17++;Offb 3, 14
17 ℘ +Joh 1, 3++;Joh 1, 10;2Kor 4, 18;Eph 1, 10;+Eph 1, 21++
18 ℘ Eph 1, 22;Hebr 1, 3
19 ℘ Kol 1, 15;+Eph 1, 22++;+Eph 1, 23++;+Röm 8, 29++;+1Kor 15, 20++;Offb 7, 10;Offb 3, 14
20 ℘ Kol 2, 9;Eph 1, 23;Eph 4, 10;Joh 1, 16
21 ℘ 2Kor 5, 19;Eph 1, 7. 10;Eph 2, 13 - 15;1Joh 2, 2
22 ℘ Eph 2, 1. 12. 14 - 16;Röm 5, 10;Joh 3, 19;Eph 4, 18
23 ℘ Röm 1, 3;Röm 8, 3;Röm 9, 5;2Kor 5, 16;Eph 2, 14;+Joh 1, 14++;Eph 5, 27;1Tim 3, 10
24 ℘ +Eph 3, 17++;Hebr 3, 14;1Kor 15, 58;Mk 16, 15;1Tim 3, 16;Röm 8, 19 - 21
25 "Was an den Drangsalen Christi noch mangelt" - Die universale Versöhnungstat Christi (V.20) bedurfte der universalen Verkündigung, die Paulus aufgetragen war. So ergänzt der Apostel die Drangsale Christi im heilsrelevanten Sinn für den "Leib Christi", die universale Kirche. An die Stelle des nicht mehr leidensfähigen erhöhten Christus ist der leidende Apostel getreten. Wie überhaupt die Leiden und Drangsale der Christen um des Evangeliums willen nicht mehr "privater" sondern "heilsgeschichtlicher" Natur sind.
26 ℘ Eph 3, 1. 13;2Tim 2, 10;Apg 9, 16;1Thess 3, 9f;Eph 1, 23
27 ℘ Eph 3, 2. 7 - 9
28 ℘ Röm 16, 25f;1Kor 2, 7;Eph 3, 3. 5. 9f
29 ℘ +Röm 9, 23++;Röm 16, 25;Eph 3, 8f;Eph 1, 18;1Petr 1, 21;1Tim 1, 1;Röm 5, 2
30 ℘ Kol 3, 16;Kol 1, 22;Eph 4, 13
31 ℘ Phil 4, 13;Eph 3, 7. 10