Mt 1
Einführung in das Evangelium nach Matthäus
A - Ursprünglich bezeichnet Evangelium (s. zu Mt 4,23 C) im christlichen Sprachbereich nicht ein »;Leben Jesu« im Gegensatz etwa zu den Apostelbriefen, sondern die »;Frohbotschaft« von Jesus Christus überhaupt: dieser ist das Evangelium. Erst später wird »;Evangelium« literarische Bezeichnung für jene Schriften des Urchristentums, in denen die apostolische Predigt mehr und mehr durch Berichte aus dem Leben Jesu veranschaulicht wird, ohne daß die Schriften aufhören, aktuelle Verkündigung sein zu wollen. Das erste uns überlieferte Evangelium ist das nach Markus (s. Mk B). Alle anderen, jene nach Matthäus, Lukas und Johannes, sind von Markus her, als Weiterentwicklung und Aktualisierung seines Werkes, zu verstehen. Übrigens nennen die Urschriften der Evangelien ihre Verfasser nicht, erst eine etwas spätere Tradition schreibt die vier Evangelien, die das eine Evangelium Jesu Christi gleichsam vierfach spiegeln, mit Recht Gemeinden zu, die sich von Aposteln und ihren Schülern herleiten.
B - Bereits Bischof Papias von Hierapolis, der vielleicht selbst noch Apostelschüler gehört hat, nennt um 130 n. Chr. Matthäus (s. zu Mt 10,3) als Verfasser dieses in der Urkirche hoch angesehenen Evangeliums: »;Matthäus allerdings setzte (im Gegensatz zu Markus) die Schriftworte (logia) nach hebräischer Darstellungsweise (dialekti) zusammen - es gab sie eben ein jeder so wieder, wie er dazu in der Lage war.« Siehe auch zu Joh A. B. C. D. E!
C - Wenn wir das Matthäusevangelium, wie es uns heute vorliegt, mit dem Markusevangelium vergleichen, so hat sich die von Markus geschaffene Evangelienform (s. Mk B) weiter in Richtung auf ein »;Leben Jesu« hin entwickelt: Stammbaum und Kindheitsgeschichte sind hinzugetreten. Ferner fällt auf, daß die Naherwartung (s. zu Mt 24,43-44) der Wiederkunft Jesu zurücktritt gegenüber einer Enderwartung, die durchaus damit rechnet, daß die endgültige Offenbarung der in Christus begründeten Gottesherrschaft noch länger auf sich warten lassen wird. Um so mehr begreift sich die Gemeinde, die Jesus zurückgelassen hat, als das neue auserwählte Volk, das an Stelle Israels nun der Welt die Großtaten Gottes missionarisch zu verkünden hat. Darum ist eine Auseinandersetzung mit dem Alten Testament für das Selbstverständnis des Neuen Bundes unerläßlich. Die neue Bundesgemeinde, die Kirche Jesu Christi, weiß sich von ihrem Stifter her hierarchisch geordnet, ohne daß sie aufhören dürfte, eine Bruderschaft zu sein. Das Matthäusevangelium ist vor allem der Niederschlag jener urkirchlichen Epoche, in der die Kirche ihre eigene Ordnung findet und das »;Gesetz« Jesu Christi als wahre »;Aufhebung« des alttestamentlichen verstehen lernt.
D - Von daher ist begreiflich, wieso Matthäus Jesus vor allem als den neuen Lehrer (Mose) sieht und warum er das Markusevangelium durch Einarbeitung von Redequellen ergänzt und diese nach sachlichen Gesichtspunkten zu Predigtkompositionen geordnet hat.
E - Doch auch das Matthäusevangelium ist noch als aktuelle Anrede an eine Gemeinde gedacht, die vielleicht vorwiegend judenchristlich gewesen sein mag. Denn Matthäus setzt eine intime Kenntnis des Alten Testamentes voraus, er erklärt Jüdisches nicht näher und polemisiert heftig sowohl gegen eine das Alte Testament absolut setzende jüdische »;Orthodoxie« als auch gegen eine das Alte Testament für überflüssig erklärende (heidenchristliche?) Auffassung.
F - Literarisch betrachtet hat das Werk ein besonderes Verhältnis zu Zahl, Symmetrie, Komposition, man kann ferner sagen: zu Regelmäßigkeit, Sachlichkeit, Trockenheit, Methodik. Dieser Neigung müssen sich oft auch geschichtliche Fakten beugen. Das spricht dafür, daß es, so wie es uns vorliegt, das Werk schriftgelehrter christlicher Theologen ist, die für sich zugleich die Autorität und die Augenzeugenschaft des Apostels Matthäus in Anspruch nehmen konnten, des vormaligen Zöllners und Beamten: denn kein anderes Evangelium gebraucht so viele Ausdrücke der Buchhaltung, des Steuerwesens und Geldverkehrs, keines ist schließlich so unpersönlich und unbeteiligt erzählt wie dieses.
G - Zur Einteilung des Mt-Evangeliums:
- Mt 1,1-4,11 - Die Vorgeschichte.
- Mt 2,1-23 Die Kindheit Jesu
- Mt 3,1-4,11 Die nähere Vorbereitung Jesu auf seine Predigt.
- Mt 4,12-13,58 - Der Bericht des Matthäus von Jesu Wirken in Galiläa bildet den ersten Hauptteil seines Evangeliums.
- Mt 5,1-7,29 Bergpredigt
- Mt 8,1-9,34 Wunderberichte
- Mt 9,35-11,1 Jüngerunterweisung
- Mt 11,2-13,53 Szenen und Wortwechsel
- Mt 14,1-20,34 - Der zweite Hauptteil verfolgt Jesu Wanderungen auch außerhalb Galiläas weiter.
- Mt 14,1-16,12 Jesu Wirken außerhalb Galiläas
- Mt 16,13-17,27 die Messiasfrage
- Mt 18,1-35 die Jüngerschaftsrede
- Mt 19,1-20,34 das Himmelreich ist nahe
- Mt 21,1-27,61 - der dritte Hauptteil schildert die letzten Tage Jesu in Jerusalem.
- Mt 21,1-25,46 Jesu letztes öffentliches Auftreten
- Mt 26,1-27,61 der Passionsbericht
- Mt 27,62-28,20 - Mit dem Triumph der Auferstehung und Erscheinung Jesu schließt Matthäus sein Evangelium.
EVANGELIUM NACH MATTHÄUS
Kindheitsgeschichte Jesu
Stammbaum Jesu
1 Stammbaum von
Jesus Christus, dem
Sohn Davids, dem
Sohn Abrahams:
123
2 Von
Abraham stammt Isaak, von
Isaak Jakob, von
Jakob Juda und seine Brüder,
4#
3 von
Juda Perez und Serach; ihre Mutter war
Tamar, von
Perez Hezron, von
Hezron Aram,
56#
4 von
Aram Amminadab, von
Amminadab Nachschon, von
Nachschon Salmon,
7#
5 von
Salmon Boas, dessen Mutter war
Rahab, von
Boas Obed, dessen Mutter war
Rut, von
Obed Isai,
8#
6 von
Isai der
König David. Von
David stammt
Salomo, dessen Mutter die Frau des
Urija war,
9#
7 von
Salomo Rehabeam, von
Rehabeam Abija, von
Abija Asa,
10#
8 von
Asa Joschafat, von
Joschafat Joram, von
Joram Usija,
11#
9 von Usija Jotam, von Jotam Ahas, von Ahas Hiskija,#
10 von Hiskija Manasse, von Manasse Amos, von Amos Joschija.#
11 von
Joschija Jojachin und seine Brüder; das war zur
Zeit der
Babylonischen Gefangenschaft.
12#
12 Nach der
Babylonischen Gefangenschaft: Von
Jojachin stammt
Schealtiël, von
Schealtiël Serubbabel,
13#
13 von Serubbabel Abihud, von Abihud Eljakim, von Eljakim Azor,#
14 von Azor Zadok, von Zadok Achim, von Achim Eliud,#
15 von Eliud Eleasar, von Eleasar Mattan, von Mattan Jakob,#
16 von
Jakob stammt
Josef, der
Mann Marias;
von ihr wurde
Jesus geboren,
der >der
Christus<
genannt wird.
1415#
17 So sind es
von Abraham bis David insgesamt vierzehn Generationen,
von David bis zur
Babylonischen Gefangenschaft vierzehn Generationen und von der
Babylonischen Gefangenschaft bis Christus vierzehn Generationen.
16#
Geburt Jesu
18 Mit der
Geburt Jesu Christi verhielt es sich
so: Als
seine Mutter Maria mit
Josef verlobt war,
fand es sich, daß sie
empfangen hatte
vom Heiligen Geist,
noch ehe sie zusammenkamen.
171819#
19 Josef aber,
ihr Mann,
war gerecht und wollte sie nicht bloßstellen; er
beschloß,
sie in aller
Stille zu
entlassen.
2021
20 Während
er sich mit
diesem Gedanken
trug,
erschien ihm im Traum ein
Engel des
Herrn und
sagte: "
Josef,
Sohn Davids,
scheue dich
nicht,
Maria,
deine Frau,
heimzuführen;
denn das in ihr Gezeugte stammt vom Heiligen Geist.
2223#
21 Sie wird einen
Sohn gebären:
Dem sollst du den
Namen Jesus geben.
Er nämlich wird
retten sein Volk von seinen Sünden."
2425#
22 Dies alles ist
geschehen,
damit in Erfüllung
gehe,
was der
Herr durch den
Propheten gesagt hat:
26#
23 "
Seht, die
Jungfrau wird
empfangen und einen
Sohn gebären,
und man wird
ihm den
Namen Immanuël geben",
das heißt übersetzt:
»;Gott mit uns«.
2728
24 Josef stand vom Schlaf auf, tat, wie ihm der Engel des Herrn geboten hatte, und führte seine Frau heim.#
25 Und er
erkannte sie nicht,
bis sie einen
Sohn gebar.
Und er
gab ihm den
Namen Jesus.
29