Nah 1

Einführung in das Buch Nahum





Das Gottesgericht über Ninive



Neuere Schrifterklärer glauben, die unheimlich gedrängte Wucht und die atemberaubende Bilderfolge in der Sprache dieses Propheten dadurch erklären zu können, daß sie annehmen, in seiner Schrift sei eine Art "Liturgie" der Siegesfeier erhalten geblieben, die man in Jerusalem nach dem Fall der assyrischen Hauptstadt Ninive (612 v.Chr.) veranstaltet habe.



Doch obwohl Nahum, was die Kraft seiner Sprache angeht, ohne Zweifel zu den größten Dichtern des Alten Testamentes gehört, ist seine Verkündigung sicherlich als gewaltige prophetische Schau (wenn auch in der Form einer Liturgie) auf den noch bevorstehenden Untergang der Weltstadt zu verstehen.



Der Ton leidenschaftlichen Triumphes und unverhüllter Genugtuung, der überall in der prophetischen Stimme mitschwingt, ist menschlich verständlich. Doch steht über allem das echt prophetische Wissen um Gott, den ewigen Richter, in dessen Augen die assyrische Macht das Maß ihrer Greuel erfüllt hat.





Das Buch Nahum

Gottes Gericht über Ninve

1 Ausspruch über Ninive. - Buch der Weissagung Nahums aus Elkosch.

Ein Psalm

Das Kommen des göttlichen Richters

2 Ein eifernder Gott ist der Herr, ein Rächer. Der Herr ist ein Rächer, voll Grimm. Der Herr nimmt Rache an seinen Gegnern. Er grollt seinen Feinden.12
3 Der Herr ist langmütig, reich an Geduld, doch ungestraft läßt er keinen. Der Weg des Herrn geht durch Sturm und Wetter. Wolken sind der Staub seiner Füße.34
4 Er droht dem Meer und trocknet es aus. Alle Ströme läßt er versiegen. Baschan und Karmel verdorren, des Libanon Blüte verwelkt.56
5 Vor ihm erbeben die Berge, ins Wanken kommen die Hügel. Die Erde sinkt vor ihm nieder, der Erdkreis und all seine Bewohner.7
6 Wer hält stand seinem Grimm? Wer besteht bei der Glut seines Zornes? Sein Grimm ergießt sich wie Feuer. Die Felsen zerbersten vor ihm.
7 Gut ist der Herr, ein Schutz am Tag der Drangsal. Er kennt, die sich bergen bei ihm.
8 Doch durch die Flut, die einherbraust, vernichtet er Gegner und jagt ins Dunkel seine Feinde.

Assurs Untergang; Judas Rettung

9 Was plant ihr gegen den Herrn? Ein Ende führt er herbei. Nicht zum zweiten Mal erhebt sich Bedrängnis.8
10 Denn, trunken beim frohen Gelage, werden sie wie Dornen zusammengeballt, wie trockene Spreu werden sie völlig verzehrt.
11 Von dir, Ninive, ging aus, der Böses sann gegen den Herrn, der Frevel plante.
12 So spricht der Herr: "Stark und zahlreich mögen sie sein: weggemäht werden sie doch und fahren dahin! Habe ich dich auch gedemütigt, Juda, ich tue es nicht wieder.
13 Nun zerbreche ich das Joch, das dir aufliegt, und zerreiße deine Fesseln."9
14 Über dich aber, Assur, hat der Herr es bestimmt: "Nie mehr soll weitergegeben werden dein Name! Aus dem Haus deines Gottes rotte ich aus Gußbild und Schnitzbild. Ich bereite dein Grab; denn du wurdest zu leicht befunden."
1 V. 2 - 8: Durch den vorgefügten (nicht vollständigen >alphabetischen<) Psalm (vgl. die Anm. zu Ps 145, 1; die Verse 2 - 8 beginnen mit den ersten sieben Buchstaben des hebräischen Alphabets) soll die Schau vom Untergang der Stadt Ninive von vornherein in jenen übergreifenden Rahmen gestellt werden, in dem Israels Glaube das Geschehen sieht: Es ist Gott, der Herr, der am Werk ist. Er ist der >eifernde< Gott, der über seinen Herrschaftsanspruch wacht und ihn durchsetzt. Er ist ein >Rächer<, der für das Recht der Unterdrückten eintritt und die Gewalthaber zur Verantwortung zieht. Wohl ist sein Zorn mit Langmut gepaart. Oft wartet er lange, bis er zuschlägt. Doch niemand kann ihm entkommen. Er rächt alles Unrecht.
2 ℘ Dtn 4, 24
3 V. 3 - 8: Das Erscheinen des göttlichen Richters wird mit überkommenen hymnischen Motiven (Gewittersturm, Erdbeben, Feuer) geschildert.
4 ℘ Ex 34, 6f
5 Zu den schönsten Gegenden Palästinas: Baschan, Karmel und Libanon vgl. die Anm. zu Num 21, 33;Anm. zu Jes 35, 2.
6 ℘ Ex 14;Ex 15;Ps 106, 9;Jes 50, 2;Jes 51, 10
7 ℘ Ps 68, 9;Ps 97, 4f;Jer 4, 24
8 Dieser Vers verbindet den Psalm mit der folgenden Schau: Das im Hymnus bildhaft Besungene soll Wirklichkeit werden im Gottesgericht über Ninive. Gegen Gott sind die Assyrer machtlos. Sie werden vernichtet und können nicht noch einmal Gottes Volk bedrängen.
9 ℘ Jes 9, 3