Zef 1

Einführung in das Buch Zefanja





Untergang und Rettung am "Tag des Herrn"



Zefanja, ein älterer Zeitgenosse des Propheten Jeremia, hat wahrscheinlich um die Jahre 640 - 630 v.Chr., also noch vor der Reform unter König Joschija, in Jerusalem seine Stimme erhoben und dürfte so einer der Wegbereiter dieser Reform geworden sein.



Es sind im Anfang unheimlich drohende Worte, die er in den religiösen und sittlichen Niedergang seiner Zeit (vgl. Zef 3, 1 - 4) hineinruft: Das düstere Bild vom "Gerichtstag des Herrn", das schon Amos heraufbeschworen hat (vgl. Amos 5, 18), das Bild vom "Tag des Zornes" ("Dies irae"), wie Zefanja es nun mit unvergänglicher Kraft prägt (Zef 1, 14 - 16), wird darin mit immer schwärzeren Schlagschatten gezeichnet.



Es sind aber auch zu neuen Zielen der Hoffnung führende Worte: Es gibt einen Weg zum Bestehen vor Gott am Tag des Gerichtes, einen Weg zur Rettung vor der Glut des göttlichen Zornes. Zefanja zeigt ihn schlicht, nüchtern, ohne rednerischen Überschwang. Es ist der Weg demütiger Unterwerfung unter Gottes Willen und Gebot (Zef 2, 3). Das arme, gedrückte, niedrige Volk des Landes ist der "Rest", der "Zuflucht" findet beim Herrn (Zef 3, 12). -



Wenn Jesus im Evangelium nach Mattäus (Mt 5, 3) die "Seligpreisung" der "Armen im Geiste" an die Spitze der Bergpredigt stellt, und im Evangelium nach Lukas (Lk 12, 32) der "kleinen Herde" das Königreich Gottes verheißt, dann sind damit die tiefsten prophetischen Worte des Zefanja wieder aufgenommen und in ihrer programmatischen Gültigkeit für den Weg zu Gott auch im Neuen Bund bestätigt.

Das Buch Zefanja

Untergang und Rettung am >Tag des Herrn<

1 Das Wort des Herrn, das an Zefanja, den Sohn Kuschis, des Sohnes Gedaljas, des Sohnes Amarjas, des Sohnes Hiskijas, erging, in den Tagen, als Joschija, der Sohn Amons, König von Juda war.

Der >Tag des Herrn<

Das Gericht über die Völker

2 "Hinwegraffen will ich alles von der Erde!" - Spruch des Herrn.
3 "Hinwegraffen Menschen und Vieh, hinwegraffen die Vögel des Himmels und die Fische des Meeres, die Ärgernisse mitsamt den Gottlosen. Ausrotten will ich den Menschen vom Antlitz der Erde!" - Spruch des Herrn.
4 "Meine Hand strecke ich aus gegen Juda, gegen alle Bewohner Jerusalems. Ausrotten will ich von dieser Stätte den Rest des Baalsdienstes und die Namen der Götzenpriester,12
5 jene, die auf den Dächern das Himmelsheer anbeten, und jene, die wohl anbeten den Herrn und bei ihm schwören, zugleich aber schwören beim Milkom,34
6 und jene, die abfielen vom Herrn und den Herrn nicht suchen und sich nicht kümmern um ihn."

>Nah ist der Tag...<

7 Still vor dem Herrn, dem Allmächtigen! Denn nah ist der Tag des Herrn. Denn der Herr hat das Opfer gerüstet, seine Gäste geheiligt.56
8 Am Tag des Opfers des Herrn wird es geschehen: "Heimsuchen will ich die Fürsten und die Söhne des Königs und alle, die fremdländische Kleider tragen.7
9 Heimsuchen will ich an jenem Tag alle, die über die Schwelle hüpfen, die das Haus ihres Herrn anfüllen mit Gewalttat und Trug.8
10 An jenem Tag" - Spruch des Herrn - "erschallt vom Fischtor Geschrei, von der Neustadt Geheul, von den Hügeln gewaltiges Jammern9
11 Heult nur, ihr Bewohner des Maktesch! Denn das ganze Krämervolk wird vernichtet; vertilgt werden alle, die Geld abwiegen.10
12 In jener Zeit wird es geschehen, daß ich Jerusalem mit Leuchten durchforsche und die Leute heimsuche, die sorglos auf ihren Hefen sitzen, die da denken: >Der Herr tut weder Gutes noch Böses.<1112
13 Der Plünderung verfällt ihr Besitz, der Verödung fallen anheim ihre Häuser. Sie bauen Häuser, doch bewohnen sie nicht, pflanzen Weinberge an, doch trinken davon keinen Wein."13

Tag des Zornes, Tag der Zähren...

14 Nah ist der Tag des Herrn, der große. Nahe ist er und eilt gar sehr. Horch, der Tag des Herrn, der bittere! Da schreien die Helden.1415
15 Ein Tag des Grimmes ist dieser Tag, ein Tag der Angst und Bedrängnis, ein Tag des Verwüstens und der Verwüstung, ein Tag der Finsternis und des Dunkels, ein Tag des Gewölks und der Wolken,16
16 ein Tag des Trompetengeschmetters und Kriegsgeschreis über die festen Städte und über die ragenden Zinnen.
17 Da will ich die Menschen schrecken, daß sie tappen wie Blinde, weil sie gesündigt gegen den Herrn. Ihr Blut wird verschüttet wie Staub, ihre Leiber wie Dünger.17
18 Weder ihr Silber noch auch ihr Gold vermag sie zu retten am Tag des Grimmes des Herrn. In seines Eifers Feuer wird gefressen die ganze Erde, denn Vernichtung, ja, plötzlichen Untergang bereitet er allen Bewohnern der Erde.18
1 Zu >Baal< vgl. die Anm. zu Ri 2, 11.
2 ℘ 2Kön 23, 4 - 20
3 Die Anbetung des >Himmelsheeres< meint den (assyrischen) Gestirnkult (vgl. 2Kön 17, 16;2Kön 21, 2. 5;Anm. zu Gen 1, 14 - 18). - >...beim Milkom< (so einige Übersetzungen) - im Hebräischen: >...bei ihrem König< (zu >Milkom< vgl. die Anm. zu 1Kön 11, 5).
4 ℘ Dtn 4, 19;2Kön 21, 3 - 5;1Kön 11, 7. 33
5 Zum >Tag des Herrn< vgl. die Anm. zu Amos 5, 18. Hier ist das Gottesgericht in kühnem Bild als Opferfest veranschaulicht (vgl. ähnlich Klgl 1, 15), bei dem die Bewohner Jerusalems die Schlachtopfer, die fremden Eroberer die von Gott geladenen Teilnehmer am Opfermahl sind.
6 ℘ Hab 2, 20;Offb 19, 17f;1Kön 18, 19 - 40;2Kön 10, 18 - 27
7 In der >fremdländischen Kleidung< sieht der Prophet ein Zeichen der Bereitschaft, ausländische Sitten, religiöse Bräuche und damit auch Götter zu übernehmen, sich innerlich von ihren Traditionen und auch vom >Gott der Väter< loszusagen.
8 >...über die Schwelle hüpfen< - wohl eine abergläubische Sitte.
9 >Fischtor< und >Neustadt< - letztere auf Hügeln erbaut - lagen im Norden Jerusalems.
10 >Maktesch< = >Mörser<, >Senke<, >Talgrund< - Name eines Stadtteils im Süden der Neustadt von Jerusalem, in dem der Handel konzentriert war. - >Krämervolk< - wörtlich: Volk Kanaans, vgl. Anm. zu Hos 12, 8;Jes 23, 8;Spr 31, 24.
11 Das Bild >auf den Hefen sitzen< (vgl. auch Jer 48, 11) ist vom Wein genommen, der nach der Gärung nicht umgefüllt, sondern auf der Hefe liegen geblieben und dadurch dick und trübe geworden ist. So soll die satte bürgerliche Gleichgültigkeit der wohlhabenden Schichten des Volkes veranschaulicht werden, die Gott nicht mehr ernst nehmen.
12 ℘ Jer 48, 11;Ps 10, 4;Jer 5, 12
13 ℘ Dtn 28, 30 - 33;Amos 5, 11
14 V. 14 - 18: Das Gedicht hat Joel 2, 1 - 11 und den mittelalterlichen Verfasser des >Dies irae< beeinflußt.
15 ℘ 14 - 18 # Amos 5, 18 - 20;Jes 2, 6 - 22;Ex 15, 3;2Sam 5, 24;Ps 18, 8 - 15
16 ℘ Joel 2, 2
17 ℘ Joel 2, 1;Jer 9, 21
18 ℘ Ez 7, 19