Letzte Prüfung der Brüder
1 Hierauf gebot er seinem Hausverwalter: "Fülle die Säcke der Männer mit Korn, soviel sie tragen können, und leg eines jeden Geld oben in seinen Sack!
2 Und meinen silbernen Becher leg oben in den Sack des jüngsten samt dem Geld für sein Getreide!" Er tat so, wie Joseph gesagt.
3 Als der Morgen anbrach, entließ man die Männer mit ihren Eseln.
4 Eben waren sie zur Stadt hinausgegangen, noch nicht weit, da sprach Joseph zu seinem Hausverwalter: "Auf! Jag den Männern nach! Holst du sie ein, dann sprich zu ihnen: ‘Warum vergeltet ihr Gutes mit Bösem?
5 Ist es nicht der Becher, aus dem mein Herr trinkt und weissagt? Ihr habt übel daran getan, daß ihr so gehandelt.’"
1
6 Er holte sie ein und redete also zu ihnen.
7 Sie sprachen zu ihm: "Warum spricht mein Herr solcherlei? Ferne sei es deinen Sklaven, so etwas zu tun!
8 Haben wir doch das Geld, das wir in unseren Säcken oben fanden, dir aus dem Lande Kanaan zurückgebracht. Wie sollten wir aus deines Herren Haus Silber oder Gold stehlen?
9 Bei wem von deinen Sklaven er sich findet, der soll sterben! Wir anderen wollen meinem Herrn leibeigen sein!"
10 Da sprach er: "So sollte es eigentlich sein, wie ihr sagt. Doch soll nur der, bei dem er sich findet, mir leibeigen sein; ihr anderen aber geht frei aus."
11 Da ließ jeder eilends seinen Sack zur Erde und öffnete seinen Sack.
12 Er aber fing zu suchen an. Beim Ältesten hatte er angefangen und endete beim jüngsten. Da fand sich der Becher in Benjamins Sack.
13 Darauf zerrissen sie ihre Kleider, beluden jeder seinen Esel und kehrten in die Stadt zurück.
14 So kam Juda mit seinen Brüdern in Josephs Haus; dieser aber war noch dort, und sie fielen vor ihm zu Boden.
15 Joseph aber sprach zu ihnen: "Was ist das für eine Tat, die ihr getan? Habt ihr nicht gewußt, daß ein Mann wie ich richtig ahnen kann?"
2
16 Da sprach Juda: "Was sollen wir meinem Herrn sagen? Was reden? Wie uns rechtfertigen? Gott hat die Schuld deiner Sklaven gefunden. Wir sind jetzt Sklaven unseres Herrn, wir so gut wie der, bei dem sich der Becher gefunden hat."
17 Er sprach: "Ferne sei es nur, das zu tun! Der Mann, bei dem sich der Becher gefunden hat, soll allein mir leibeigen sein. Ihr anderen aber zieht in Frieden zu eurem Vater!"
18 Da trat Juda zu ihm und sprach: "Bitte, mein Herr! Möchte dein Sklave ein Wort an meinen Herrn richten dürfen, ohne daß dein Zorn gegen deinen Sklaven entbrenne! Du bist ja wie Pharao.
19 Mein Herr hat seine Sklaven gefragt: ‘Habt ihr noch einen Vater oder einen Bruder?’
20 Da sagten wir zu meinem Herrn: ‘Wir haben noch einen alten Vater. Ein kleiner, spätgeborener Sohn ist auch da. Sein Bruder aber ist tot, und so ist er allein von seiner Mutter übrig und ist seines Vaters Liebling.’
21 Du sprachst zu deinen Sklaven: ‘Bringt ihn zu mir herab, damit ich ihn mit eigenen Augen sehe!’
22 Da sprachen wir zu meinem Herrn: ‘Der Knabe kann seinen Vater nicht verlassen; denn verließe er seinen Vater, so stürbe dieser.’
23 Du aber sprachest zu deinen Sklaven: ‘Kommt euer jüngster Bruder nicht mit euch herab, dann dürft ihr nimmermehr mein Antlitz schauen.’
24 Als wir zu deinem Sklaven, unserem Vater, hinaufgezogen, berichteten wir ihm meines Herrn Wort.
25 Da sprach unser Vater: ‘Kauft uns nochmals etwas Korn.’
26 Da sagten wir: ‘Wir können nicht hinabziehen; nur wenn unser jüngster Bruder mit uns geht, ziehen wir hinab. Wir dürfen ja dem Manne nicht mehr unter die Augen kommen, ist unser jüngster Bruder nicht bei uns.’
27 Da sprach zu uns dein Sklave, mein Vater: ‘Ihr wißt: Mein Weib hat mir zwei Söhne geboren.
28 Der eine ist von mir gegangen. Ich sagte mir: Sicherlich ist er zerrissen worden. Bis heute habe ich ihn nicht mehr gesehen.
29 Nehmt ihr mir auch diesen weg und träfe ihn ein Leid, dann senktet ihr mein graues Haar im Leid zur Unterwelt.’
30 Und nun, komme ich zu deinem Sklaven, meinem Vater, und ist der Knabe nicht bei uns, an dem seine Seele hängt,
31 dann stürbe er, sobald er sieht, der Knabe ist nicht mehr da, und deine Sklaven senkten deines Sklaven, unseres Vaters, graues Haar in Jammer zur Unterwelt.
32 Weil sich dein Sklave für den Knaben meinem Vater so verbürgt hat: ‘Wenn ich ihn dir nicht bringe, dann will ich lebenslang vor meinem Vater schuldig sein’,
33 so möchte dein Sklave an des Knaben Statt bleiben, als meines Herren Leibeigener! Der Knabe aber ziehe mit seinen Brüdern hinauf.
34 Wie könnte ich zu meinem Vater ziehen ohne den Knaben bei mir? Nie könnte ich das Leid ansehen, das meinen Vater überkäme."