Jak 1
Einführung in den Jakobusbrief
A - Der Jakobusbrief eröffnet die Reihe der sogenannten »;Katholischen Briefe« (Jak, 1 und 2Petr, 1-3Joh, Jud), wie diese Siebenergruppe schon bei dem Antimontanisten Apollonius (197 n.Chr.) genannt wird, »;katholisch« wohl deshalb, weil sie sich an einen »;allgemeinen« Leserkreis wenden (2 und 3Joh ausgenommen). In dieser Briefgruppe finden sich fünf »;deutero (zweit) kanonische« Schriften (Jak, 2Petr, 2 und 3Joh, Jud), wie Sixtus von Siena (1520-1569) jene Bücher genannt hat, deren Kanonizität zeitweilig umstritten war (s. Einleitung B.
B - Es handelt sich beim Jakobusbrief der literarischen Gattung nach weniger um einen Brief noch um eine theologische Abhandlung, sondern um die Aneinanderreihung von Mahnungen, das praktische sittliche Leben betreffend (Paränese), die den Gläubigen anhalten wollen, seinen Glauben in die Tat umzusetzen. Der Brief scheint zunächst ein Häufung von Sätzen zu sein, die keinen Zusammenhang haben. Wohl jedes einzelne Logion ist jedoch mit dem nächsten durch Thema und Struktur verknüpft. Besondere Beachtung finden die sozialen Beziehungen: der Besitz, der Arme und Reiche schafft, und das Wort, das die Menschen verbindet und verletzt.
C - Diese auf die Praxis gerichtete Mahnschrift, die an ähnliche alttestamentliche (Sirach) und außerbiblische jüdische (Testament der zwölf Patriarchen) Texte und nicht zuletzt an die Bergpredigt erinnert und deren Datierung umstritten ist (45/62; nach einigen erst zwischen 80 und 130; s. Einleitung C), ist vermutlich eine Pseudoepigraphie (s. Jud A), die dem Herrenbruder Jakobus (s. zu Apg 12,12-17 B) zugeschrieben worden ist, wohl weil er sich bei den Adressaten der Schrift (judenchristliche Kreise in der Diaspora, in Syrien etwa) großen Ansehens erfreute.
D - Die Sprache des »;Briefes« ist Griechisch, das die hebräischen Denk- und Ausdrucksformen in einen guten Stil zu integrieren weiß.
E - Erst unter dem Einfluß von Hieronymus und Augustinus wird der »;Brief« in der Kirche allgemein anerkannt (im 4. Jahrhundert; er fehlt noch im Kanon Muratori, s. Einleitung B), und die Polemik Luthers gegen die »;Strohepistel« ist bekannt: »;Wenn man wil das Evangelium predigen, so muß es kurtz umb sein von der aufferstehung Christi ... Wer das nicht predigt, der ist keyn Apostel ... Darumb kan man wol spüren, das die Epistel Jacobi keyn rechte Apostolisch Epistel ist. Denn es stehet schyr keyn buchstab darynne von dießen dingen« (WA 12,268/17ff.). Dennoch hat er die Schrift in seine Bibel aufgenommen: »;Die Epistel sanct jacobi, wie woll sie von den allten verworfen ist, lob ich und halt sie doch für gutt, darumb, das sie gar keyn menschen lere setzt und gottes gesetz hart treybt« (WA DB 7,384).
DER BRIEF DES HL. APOSTELS JAKOBUS
Gruß
1 Jakobus,
Knecht Gottes und des
Herrn Jesus Christus,
entbietet den
zwölf Stämmen in der
Diaspora seinen Gruß.
12
DIE HIMMLISCHE WEISHEIT
Leidensfreude
2 Haltet es für
lauter Freude,
meine Brüder,
wenn ihr in
mancherlei Prüfungen geratet.
3
3 Ihr
wißt ja,
daß die
Erprobung eures Glaubens Geduld bewirkt,
45
4 die
Geduld aber soll zu einem
vollkommenen Werk führen,
damit ihr
vollkommen seid und ohne
Tadel,
in nichts zurückbleibend.
6
5 Fehlt es
aber einem von
euch an
Weisheit, so
erbitte er sie
von Gott, der
allen ohne
Vorbehalt und ohne harte
Worte gibt,
und sie wird
ihm gegeben werden.
78#
6 Nur bitte er
im Glauben,
ohne den geringsten
Zweifel!
Denn der Zweifelnde gleicht einer
Meereswoge, die vom Wind
gepeitscht hin
und her
getrieben wird.
9
7 Ein solcher Mensch bilde sich nicht ein, etwas vom Herrn zu empfangen -#
8 ein
Mann, der zwei
Seelen hat und
unbeständig ist
auf allen seinen Wegen.
10
Abkehr von der Welt
9 Rühmen möge sich der
niedriggestellte Bruder seiner Hoheit,
11
10 der Reiche dagegen seiner Armseligkeit,
weil er
vergeht wie die
Blume des
Grases.
12
11 Die
Sonne geht auf
mit ihrer
Glut und versengt das
Gras;
seine Blüte verwelkt,
und die
Schönheit ihres Aussehens ist
dahin. -
So wird
auch der Reiche auf seinen Wegen dahinschwinden.
13#
12 Selig der
Mann,
der die
Prüfung geduldig
erträgt!
Denn, hat er sich
bewährt, wird er die
Krone des
Lebens empfangen,
die Gott
denen verheißen hat, die
ihn lieben.
14
13 Keiner sage, wenn er
versucht wird: Ich werde
von Gott versucht;
denn Gott kann nicht zum
Bösen versucht werden,
und er
versucht selbst niemanden!
15#
14 Wer versucht wird, wird
von der
eigenen Begierde gereizt und gelockt.
16
15 Hat
dann die
Begierde empfangen, so
gebiert sie die
Sünde; die
Sünde aber, wenn sie
vollendet ist,
gebiert den
Tod.
17
16 Täuscht euch
nicht,
meine lieben Brüder!
18
17 Von
oben,
vom Vater des
Lichtes,
kommen lauter gute Gaben,
lauter vollkommene Geschenke.
Bei ihm gibt es
keinen Wandel und keinen
Schatten durch
Veränderung.
1920#
18 Aus freiem
Willen hat er
uns durch das
Wort der
Wahrheit ins Leben
gerufen,
damit wir gleichsam die
Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe seien.
21
Tatkräftiges Christentum
19 Wißt,
meine lieben Brüder:
Jeder Mensch sei schnell bereit
zum Hören,
bedächtig im Reden und
langsam zum Zorn.
2223#
20 Denn im
Zorn tut der
Mensch nicht, was vor
Gott recht ist.
24
21 In Sanftmut legt darum allen Schmutz und all die
vielen Bosheiten ab und
nehmt das
eingepflanzte Wort auf,
das eure Seelen zu
retten vermag.
25
22 Setzt aber das
Wort in die
Tat um
und seid
nicht nur Hörer, die sich
selbst betrügen.
26
23 Denn wenn jemand das
Wort nur
hört,
aber nicht danach
handelt,
gleicht er einem
Mann, der
sein natürliches Aussehen im Spiegel betrachtet:
27
24 Er
betrachtet sich
selbst,
geht weg
und vergißt sofort,
wie er
aussieht.
28#
25 Wer sich
dagegen in das
vollkommene Gesetz der
Freiheit vertieft und darin
ausharrt, es
nicht nur
hört, um es sofort zu
vergessen,
sondern es in die
Tat umsetzt,
wird durch sein Tun selig sein.
29
26 Wenn jemand glaubt,
fromm zu
sein,
seine Zunge aber
nicht im Zaum
hält,
sondern sich
selbst betrügt,
dessen Frömmigkeit ist
wertlos.
3031
27 Reine,
makellose Frömmigkeit vor Gott,
dem Vater,
besteht darin, sich der
Waisen und Witwen in ihrer Bedrängnis anzunehmen und sich
selbst rein zu
bewahren von der
Welt.
32#