Bar 1

Einführung in das Buch Baruch





Umkehr und Begnadigung



Als Verfasser dieser kleinen Schrift ist der Schüler des Propheten Jeremia, sein treuer Freund und Gefährte, Baruch genannt, der mit seinem Meister aus dem Untergang Jerusalems gerettet und später mit ihm nach Ägypten verschleppt worden ist.



Die drei Stücke, aus denen sich das Büchlein zusammensetzt, scheinen zunächst ohne tieferen Zusammenhang nebeneinander zu stehen. Dennoch läßt sich erkennen, daß sie im Rahmen des Ganzen aufeinander bezogen sind.



Am Anfang steht ein tiefempfundenes Schuldbekenntnis, das zu einer vertrauensvollen Bitte um Rettung und neues Heil führt. Dieses Gebet ist den Verbannten in Babylon in den Mund gelegt.



Daran schließt sich, gewissermaßen als Brücke, ein weitgespanntes lyrisch beschwingtes Lied auf die göttliche Weisheit, wie sich ähnliche auch in anderen Büchern der Bibel finden (vgl. Spr 8;Ijob 28;Weish 9). Hier aber geht es vor allem um die Einsicht, daß Israel der Torheit seiner sündigen Vergangenheit entsage (Bar 3, 12 - 15) und aufs neue den Weg der wahren Weisheit erwähle, den Gott selbst in seinen Geboten gezeichnet hat (Bar 4, 1f).



Das Schlußstück des Büchleins klingt wie trostvolle Antwort auf Bekenntnis und Bitte im ersten Teil: Einem neuen Jerusalem wird Gott neue Gnade schenken (Bar 5, 1f). -



Doch Prophetenwort ist lebendiges Wort. Deshalb haben, wie es scheint, spätere Zeiten die Worte des Baruch abermals aufgegriffen, um sich nach neuen leidvollen Erfahrungen mit eigener Zustimmung zu dem vom Propheten bezeichneten Weg zu bekennen.



In der Tat: Der Weg von der Umkehr in Reue und Vertrauen über die Anerkennung des göttlichen Willens in Gottes Gebot bis hin zum Empfang neuer Begnadigung ist für alle Zeiten derselbe.

Das Buch Baruch

Vorgeschichte

Einleitung

1 Dies ist der Wortlaut des Buches, das Baruch, der Sohn Nerijas, des Sohnes Machsejas, des Sohnes Zidkijas, des Sohnes Hasadjas, des Sohnes Hilkijas, in Babel schrieb1
2 im fünften Jahr, am siebten Tag des Monats, zur Zeit, als die Chaldäer Jerusalem erobert und in Brand gesteckt hatten.23

Die öffentliche Verlesung des Buches

3 Baruch las den Inhalt dieses Buches vor in Gegenwart Jojachins, des Sohnes Jojakims, des Königs von Juda, und vor allem Volk, das zur Verlesung des Buches gekommen war,45
4 ferner vor den Vornehmen, den königlichen Prinzen und den Ältesten, kurz in Gegenwart des ganzen Volkes, groß und klein, vor allen, die in Babel am Fluß Sud angesiedelt waren.
5 Und sie weinten, fasteten und beteten vor dem Herrn.

Die Rückgabe der silbernen Tempelgeräte

6 Dann legten sie Geld zusammen, jeder nach seinem Vermögen.
7 Dies sandten sie nach Jerusalem an den Priester Jojakim, den Sohn Hilkijas, des Sohnes Schallums, und an die übrigen Priester, sowie an das gesamte Volk, das noch bei ihm in Jerusalem war.6
8 Baruch hatte die Geräte des Hauses des Herrn, die man aus dem Tempel mitgenommen hatte, am zehnten Siwan wieder erhalten, um sie ins Land Juda zurückzubringen, nämlich die silbernen Geräte, die Zidkija, der Sohn Joschijas, der König von Juda, hatte anfertigen lassen,7
9 nachdem Nebukadnezzar, der König von Babel, Jojachin mit den Fürsten, Schlossern, Vornehmen und dem Kriegsvolk des Landes aus Jerusalem fortgeführt und nach Babel gebracht hatte.8

Das Begleitschreiben

10 Sie erklärten: "Wir senden euch hiermit Geld. Kauft für dies Geld Tiere zum Brand- und Sündopfer nebst Weihrauch! Bereitet auch Speiseopfer und bringt sie dar auf dem Altar des Herrn, unseres Gottes!9
11 Betet auch für das Wohlergehen Nebukadnezzars, des Königs von Babel, und für das Wohlergehen seines Sohnes Belschazzar, damit ihre Tage währen wie die Tage des Himmels über der Erde.10
12 Der Herr verleihe uns Kraft und lasse unsere Augen leuchten, damit wir im Schutz Nebukadnezzars, des Königs von Babel, und seines Sohnes Belschazzar glücklich leben, ihnen lange Zeit dienen und Gnade vor ihnen finden.
13 Betet auch für uns zum Herrn, unserem Gott; denn wir haben gegen den Herrn,unseren Gott, gesündigt! Des Herrn Grimm und Zorn hat sich bis heute noch nicht von uns abgewandt.
14 Lest dieses Buch, das wir euch senden! Es soll im Haus des Herrn vorgelesen werden an den Versammlungstagen am Laubhüttenfest.1112

Das Gebet der Verbannten

Das Schuldbekenntnis

15 Dabei sprecht: >Der Herr, unser Gott, ist gerecht. Wir aber müssen heute erröten vor Scham, wir, die Männer von Juda und die Bewohner von Jerusalem;13
16 desgleichen unsere Könige und unsere Fürsten, unsere Priester, unsere Propheten und unsere Väter.
17 Denn wir haben gesündigt gegen den Herrn.
18 Wir sind gegen ihn ungehorsam gewesen und haben nicht auf den Befehl des Herrn, unseres Gottes, gehört, nach den Satzungen des Herrn zu wandeln, die er uns gegeben.
19 Von dem Tag an, da der Herr unsere Väter aus Ägypten wegführte, bis auf den heutigen Tag sind wir widerspenstig gewesen gegen den Herrn, unseren Gott, und haben leichtfertig seine Stimme überhört.14
20 So hat sich denn an uns das Unheil geheftet und der Fluch, den der Herr seinem Knecht Mose angedroht, damals, als er unsre Väter aus Ägypten führte, um uns ein Land zu geben, das von Milch und Honig überfließt, wie es heute noch ist.15
21 Doch wir haben nicht auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, gehört, trotz aller Mahnungen der Propheten, die er zu uns sandte.16
22 Vielmehr ist ein jeder von uns nach den Gelüsten seines bösen Herzens gewandelt und hat fremden Göttern gedient und getan, was dem Herrn, unserem Gott, mißfällig war.
1 ℘ Jer 32, 12;Jer 36, 4
2 Der fünfte Jahrestag der Zerstörung Jerusalems war der 7. Tag des Monats Ab (Mitte Juli/Mitte August) des Jahres 582 v.Chr, vgl. 2Kön 25, 8.
3 ℘ 2Kön 25, 8;Jer 39, 8f
4 König Jojachin war 598 v.Chr. nach Babel weggeführt worden (vgl. 2Kön 24, 15); er war also seit 16 Jahren inhaftiert. Seine Gegenwart bei der Gedenkfeier zeigt, daß er einige Bewegungsfreiheit besaß.
5 ℘ Jer 22, 24 - 30;Sach 7, 5
6 Die Hohenpriester Seraja und Jozadak gehörten zu den nach Babel Verbannten (2Kön 25, 18;1Chr 5, 40f). An seiner Stelle scheint der hier genannte (Unter-)Priester Jojakim die Oberaufsicht über die in Jerusalem verbliebenen Priester geführt zu haben. - Das Geld war für die Darbringung von Opfern bestimmt (V.10).
7 Zidkija hatte die im Jahr 598 weggeführten goldenen Geräte (2Kön 24, 13) durch silberne ersetzen lassen; vgl. auch Esra 1, 7 - 11. Der Monat Siwan entspricht der Zeit von Mitte Mai bis Mitte Juni.
8 ℘ Jer 24, 1;2Kön 24, 8 - 17
9 Obwohl der Tempel zerstört war, brachte man an der Stätte, wo er gestanden hatte, Opfer dar (vgl. auch die Anm. zu Jer 41, 5;Esra 2, 68).
10 ℘ Jer 29, 7;Dtn 11, 21
11 Am ersten und achten Tag des Laubhüttenfestes, das im vorliegenden Text wörtlich bloß >das Fest< genannt wird (vgl. 1Kön 8, 2;1Kön 12, 32), versammelte sich das Volk am Heiligtum (Lev 23, 35f).
12 ℘ Lev 23, 35f
13 ℘ Neh 9, 32f;Dan 9, 7 - 11
14 ℘ Jer 7, 25f
15 ℘ Lev 26, 14 - 45;Dtn 28, 15 - 68
16 ℘ Jer 25, 4 - 6