Des Tobias und der Sara Gebet
1 Da weinte ich aus Trauer und betete in meinem Schmerze so:
2 "Gerecht bist Du, o Herr, und alle Deine Taten sind gerecht, und alle Deine Wege sind Erbarmen und Wahrhaftigkeit. Wahrhaftig und gerecht übst Du Gericht in Ewigkeit.
3 Gedenke meiner! Und blicke gnädig auf mich nieder! Bestraf mich nicht nach meinen Sünden, nach meiner Schuld, nach der meiner Väter, die da vor Dir gesündigt haben!
4 Was Du geboten, übertraten sie. So gabst Du sie zur Beute hin und in Gefangenschaft und Tod, als Spottlied aller Völker, unter denen wir zerstreut.
5 Nun sind zwar Deine vielen Strafgerichte an mir gerechterweise zu vollziehen, um meiner und um meiner Väter Sünden willen, weil wir Deine Forderungen nicht beachtet. Wir wandelten in Wahrheit nicht vor Dir.
6 Nun tue mir nach Deinem Wohlgefallen! Gebiete, meinen Geist hinwegzunehmen, damit ich sterbe und zu Erde werde, weil es besser für mich ist zu sterben als zu leben. Ich mußte lügnerische Schmähungen vernehmen. Mein Schmerz ist groß. Befiehl, daß ich, von dieser Not befreit, schon jetzt zum ewigen Ort gelange. Nicht wende weg Dein Angesicht von mir!"
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7 Am selben Tag geschah es auch der Sara, einer Tochter Raguels, im medischen Ekbatana, daß sie gelästert ward von ihres Vaters Mägden,
8 weil sieben Männern sie gegeben worden. Jedoch der böse Geist, der Asmodäus, hatte sie getötet, bevor sie ehelich mit ihr zusammenkamen. Sie sagten ihr: "Du bist nicht klug, weil deine Männer du dem Tode überlieferst. Schon sieben hattest du und trägst doch den Namen keines von ihnen.
9 Was schlägst du uns? Wenn sie gestorben sind, geh nur mit ihnen! Wir möchten niemals einen Sohn, noch eine Tochter von dir sehen."
10 Als sie dies hörte, ward sie sehr betrübt und wollte sich erhängen. Sie sprach jedoch: "Ich bin die einzige Tochter meines Vaters. Wenn ich dies tue, gereicht es ihm zur Schande. Ich brächte ja mit Schmerz sein Alter in die Grube."
11 Sie betete am Fenster, also sprechend: "Gepriesen seist Du, Herr, mein Gott! Gepriesen sei Dein heiliger und hocherhabener Name ewiglich! Dich sollen alle Deine Werke ewig preisen!
12 Ich richte meine Augen und mein Antlitz, Herr, auf Dich.
13 Befiehl, mich von der Erde abzurufen, daß ich nicht Schmähungen mehr hören muß!
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14 Du weißt es, Herr, daß ich von jeder Schuld mit einem Manne rein
15 und daß ich meinen Namen nicht befleckt noch meines Vaters Namen im Lande der Gefangenschaft. Ich bin die einzige Tochter meines Vaters. Er hat kein anderes Kind, das ihn beerben könnte, noch einen näheren Verwandten. Noch hat ein solcher einen Sohn, daß ich mich ihm als Weib erhalten sollte. Schon starben sieben mir. Wozu soll ich noch leben? Gefällt Dir aber nicht mein Sterben, dann wolle gnädig auf mich blicken und meiner Dich erbarmen, auf daß ich nicht mehr Schmähung hören muß!"
16 Und das Gebet der beiden ward erhört im Angesicht der Herrlichkeit des großen Gottes.
17 Und Raphael ward abgesandt, die zwei zu heilen: des Tobit weiße Flecken zu entfernen und Sara, Raguels Tochter, dem Tobias, Tobits Sohn, zum Weib zu geben und Asmodäus, jenen bösen Geist, zu fesseln, weil es Tobias zukam, sie ehelich zu erlangen. Zu gleicher Zeit ging Tobit wieder in sein Haus, und Sara, Raguels Tochter, stieg aus ihrem oberen Gemach herab.
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