Judit enthauptet Holofernes
1 Als es spät geworden war, suchten seine Diener eilends ihre Zelte auf. Bagoas schloß die Tür des Schlafgemachs und ging weg.
2 Denn alle waren vom Wein schläfrig geworden.
3 So war Judit allein im Schlafgemach.
4 Holofernes lag auf seinem Bett und war vor allzu großer Trunkenheit fest eingeschlafen.
5 Judit aber hatte ihrer Magd befohlen, draußen vor dem Gemach zu bleiben und achtzugeben.
6 Da trat Judit vor das Bett und betete unter Tränen, indem sie leise ihre Lippen bewegte.
7 Sie sprach: "Gib mir Kraft, Herr, Gott Israel, und schau in dieser Stunde auf das, was meine Hände vollbringen wollen, damit du deine Stadt Jerusalem wieder aufrichtest, wie du verheißen hast, und daß ich vollbringe, was ich im Vertrauen auf deinen Beistand ausführen zu können glaubte."
8 Nach diesen Worten trat sie an die Säule, die zu Häupten des Bettes war und löste das Schwert, das daran herabhing.
9 Als sie es aus der Scheide gezogen hatte, faßte sie sein Haupthaar und betete: "Gib mir Kraft, Herr, in dieser Stunde!"
10 Dann hieb sie zweimal in seinen Nacken, schlug ihm den Kopf ab, nahm das Fliegennetz von der Säule und wälzte den Rumpf auf den Boden.
11 Alsbald ging sie hinaus, übergab das Haupt des Holofernes ihrer Magd und befahl, es in den Reisesack zu stecken.
Rückkehr nach Betulia
12 Dann gingen beide ihrer Gewohnheit gemäß hinaus, als wollten sie beten, durchschritten das Lager, durchquerten das Tal und kamen an das Stadttor.
13 Schon von weitem rief Judit den Wächtern auf der Mauer zu: "Öffnet die Tore; denn Gott, der seine Macht an Israel erzeigt hat, ist mit uns."
14 Als die Männer ihre Stimme hörten, riefen sie die Ältesten der Stadt.
15 Da eilte alles herbei, groß und klein; denn man hatte nicht mehr mit ihrer Rückkehr gerechnet.
16 Man zündete Fackeln an, und alle umringten sie. Sie stieg auf einen erhöhten Platz und gebot Stillschweigen.
17 Als alle ruhig waren, sprach Judit: "Lobt den Herrn, unseren Gott, der die nicht verlassen hat, die auf ihn vertrauen!
18 An mir, seiner Magd, hat er die Verheißung seines Erbarmens, die er dem Haus Israel gab, erfüllt. Durch meine Hand hat er den Feind seines Volkes in dieser Nacht getötet."
19 Dann zog sie das Haupt des Holofernes auf dem Reisesack und zeigte es ihnen mit den Worten: "Seht sein Fliegennetz, unter dem er lag in seiner Trunkenheit, als ihn der Herr, unser Gott, durch die Hand einer Frau erschlug.
20 So wahr der Herr lebt: Sein Engel hat mich behütet, als ich wegging, während ich dort weilte und als ich von dort zurückkehrte. Der Herr ließ nicht zu, daß seine Magd verunreinigt wurde. Ohne Verunreinigung durch eine Sünde rief er mich zu euch zurück, daß ich mich freue über seinen Sieg, meine Rettung und eure Freiheit.
21 Danket ihm alle; denn er ist gut, und sein Erbarmen währt ewig."
1
Lobpreis des Volkes
22 Da beteten alle den Herrn an uns sprachen zu ihr: "Der Herr hat dich mit seiner Kraft gesegnet, da er durch dich unsere Feinde zunichte gemacht hat."
23 Usija, der Fürst des Volkes Israel, sprach zu ihr: "Gesegnet bis tu, Tochter, vor allen Frauen auf Erden von dem Herrn, dem erhabenen Gott.
24 Gepriesen sei der Herr, der Himmel und Erde erschaffen, der dich geleitet hat, dem Führer unserer Feinde das Haupt abzuschlagen.
25 Denn heute hat er deinen Namen so verherrlicht, daß nie schwinden wird dein Lob aus dem Mund der Menschen, die der Macht des Herrn gedenken in Ewigkeit. Für sie hast du um der Bedrängnis und der Trübsal willen deines Lebens nicht geschont, hast abgewandt den Untergang vor dem Angesicht unseres Gottes."
26 Und das ganze Volk sprach: "Amen! Amen!"
Eindruck auf Achior
27 Dann ward Achior gerufen. Als er kam, sprach Judit zu ihm: "Der Gott Israels, von dem du erklärt hast, er werde sich an seinen Feinden rächen, hat das Haupt aller Ungläubigen heute nacht durch meine Hand gefällt.
28 Du sollst dich davon überzeugen: Sieh das Haupt des Holofernes, der in seinem stolzen Übermut den Gott Israels verachtet und dir den Untergang angedroht hat mit den Worten: Wenn das Volk Israel gefangengenommen wird, werde ich dir die Seite mit dem Schwert durchbohren lassen."
29 Als Achior das Haupt des Holofernes sah, erfaßte ihn Entsetzen. Er fiel zu Boden auf sein Angesicht und sank in Ohnmacht.
30 Nachdem er wieder zu sich gekommen war und sich erholt hatte, warf er sich Judit zu Füßen, huldigte ihr und sprach:
31 "Sei gesegnet von deinem Gott in allen Zelten Jakobs; denn unter allen Völkern, die deinen Namen hören, wird um deinetwillen der Gott Israels verherrlicht werden."