Judit stärkt Holofernes in seiner Siegeszuversicht
1 Holofernes sprach zu ihr: "Sei guten Mutes! Dein Herz bange nicht! Noch nie habe ich dem ein Leid zugefügt, der dem König Nebukadnezzar dienen wollte.
2 Hätte dein Volk mich nicht verachtet, hätte ich meine Lanze nicht gegen dasselbe erhoben.
3 Nun aber sage mir: Weshalb bist du von ihnen weggegangen und hast dich entschlossen, zu uns zu kommen?"
4 Judit entgegnete ihm: "Vernimm die Worte deiner Magd! Wenn du die Worte deiner Magd befolgst, wird der Herr mit dir das Werk vollbringen:
5 so wahr Nebukadnezzar, der König der Welt, lebt und seine Macht dir zur Züchtigung aller Betörten anvertraut ist. Um deinetwillen dienen ihm nicht nur die Menschen. Auch die Tiere des Feldes sind ihm gehorsam.
6 Die Klugheit deines Geistes ist allen Völkern kund geworden, und alle Welt hat erfahren, daß du der einzige tüchtige und fähige Mann bist im ganzen Reich, und in allen Landen rühmt man deine Kriegskunst.
7 Auch blieb nicht verborgen, was Achior geredet hat, und man weiß, was du ihm zugedacht hast.
8 Gewiß ist unser Gott durch Sünden so beleidigt worden, daß er durch seine Propheten dem Volk verkünden ließ, er werde es um seiner Sünden willen preisgeben.
9 Da nun die Israeliten wissen, daß sie ihren Gott beleidigt haben, hat Furcht vor dir sie befallen.
10 Dazu hat Hungersnot sie heimgesucht, und wegen des Wassermangels darf man sie bereits zu den Toten zählen.
11 Schon haben sie angeordnet, ihr Vieh zu töten, um sein Blut zu trinken.
12 Was an Getreide, Wein und Öl dem Herrn, ihrem Gott, geheiligt ist, und was anzutasten Gott verboten hat, gedenken sie für sich zu verwenden. Sie wollen verzehren, was sie nicht einmal mit den Händen berühren sollten. Wegen dieser Handlung werden sie gewiß dem Verderben anheimfallen.
13 Als ich, deine Magd, dies wahrnahm, ging ich von ihnen weg, und der Herr sandte mich, dir dies zu melden.
14 Denn ich, deine Magd, verehre Gott auch jetzt bei dir, und deine Magd wird hinausgehen und zu Gott beten.
15 Dann wird er mir offenbaren, wann sie ihre Sünden begehen, und ich werde es dir sofort mitteilen. Dann werde ich dich mitten durch Jerusalem führen, und du wirst das ganze Volk Israel in deine Gewalt bekommen wie eine Herde Schafe, die keinen Hirten hat. Nicht einmal ein Hund wird gegen dich bellen.
16 Dies ist mir durch Gottes Vorsehung geoffenbart worden.
17 Weil Gott ihnen zürnt, bin ich gesandt worden, dir dies kundzutun."
18 Alle diese Worte gefielen Holofernes und seinen Dienern. Sie staunten über ihre Weisheit und sagten zueinander:
19 "Es gibt in der Welt keine Frau, die ihr an Gestalt und Schönheit und kluger Rede gleichkäme."
20 Holofernes sprach zu ihr: "Gott hat wohlgetan, daß er dich aus deinem Volk hersandte, damit du es unseren Händen überlieferst.
21 Deine Verheißung ist gut. Wenn dein Gott sie mir erfüllt, soll er auch mein Gott sein, und du sollst im Palast Nebukadnezzars hochgeehrt sein, und dein Name wird in der ganzen Welt genannt werden."