Prüfung des Tobit
1 Als danach an einem Fest des Herrn im Haus des Tobit ein Festmahl gehalten wurde,
2 sprach er zu seinem Sohn: "Geh und hole einige gottesfürchtige Männer unseres Stammes herein, daß sie mit uns speisen!"
3 Kaum war dieser weggegangen, kehrte er mit der Nachricht zurück, einer von den Söhnen Israels liege erwürgt auf der Straße. Sogleich sprang Tobit von seinem Sitz auf, ließ das Mahl stehen und ging, ohne etwas gegessen zu haben, zu der Leiche hin.
4 Er hob sie auf und trug sie heimlich in sein Haus, um sie nach Sonnenuntergang mit aller Vorsicht zu begraben.
5 Als er die Leiche geborgen hatte, aß er sein Mahl in banger Trauer;
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6 denn er gedachte des Wortes, das der Herr durch den Propheten
Amos gesprochen: "Eure Festtage sollen in Trauer und Klage verwandelt werden."
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7 Nach Sonnenuntergang ging er hin und begrub den Leichnam.
8 Alle seine Nachbarn machten ihm Vorwürfe und sagten: "Du solltest deswegen schon einmal getötet werden, und kaum bist du dem Mordbefehl entronnen, begräbst du schon wieder die Toten!"
9 Tobit aber fürchtete Gott mehr als den König. Er nahm schnell die Leichen der Erschlagenen, verbarg sie in seinem Haus und begrub sie mitten in der Nacht.
10 Eines Tages kam er müde vom Begraben nach Hause, legte sich an der Wand nieder und schlief ein.
11 Als er schlief, fiel aus einem Schwalbennest warmer Kot auf seine Augen, und er wurde blind.
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12 Diese Prüfung ließ der Herr über ihn kommen. Er sollte dadurch der Nachwelt ein Beispiel der Geduld geben wie der frommen Ijob.
13 Da er von Kindheit an gewohnt war, Gott zu fürchten und seine Gebote zu halten, murrte er nicht gegen Gott, als ihm das Unglück zugestoßen war.
14 Vielmehr verharrte er unerschütterlich in der Gottesfurcht und dankte Gott alle Tage seines Lebens.
15 Wie aber die Fürsten den heiligen
Ijob beschimpften, so spotteten auch seine Verwandten und Bekannten über seinen Lebenswandel und sagten:
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16 "Wo ist deine Hoffnung, um derentwillen du Almosen gabst und die Toten begrubst?"
17 Tobit aber verwies es ihnen und sprach: "Führt nicht solche Reden!
18 Wir sind Kinder der Heiligen und erwarten das Leben, das Gott denen gibt, die in ihrer Treue von ihm nicht ablassen."
19 Hanna, seine Frau, ging täglich aus zum Weben und brachte heim, was sie durch ihrer Hände Arbeit zum Lebenunterhalt verdienen konnte.
20 Eines Tages hatte sie ein Ziegenböcklein erhalten und brachte es nach Hause.
21 Als ihr Mann es meckern hörte, sprach er: "Das ist doch nicht gestohlen? Sonst bringe es seinem Herrn zurück; denn Gestohlenes dürfen wir weder essen noch anrühren."
22 Zornig erwiderte hierauf seine Frau: "Daß deine Hoffnung eitel war, hat sich gezeigt, und man sieht jetzt, was dein Almosen nützte."
23 Mit diesen und ähnlichen Worten machte sie ihm Vorwürfe.